Die Entziehung von Wohneigentum kommt nur nach vorheriger Abmahnung in Betracht

01.01.2012

Die Entziehung von Wohneigentum kommt nur nach vorheriger Abmahnung in Betracht

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.01.2007 (Az.: V ZR 26/06) entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der Zahlungsansprüche der Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum immer unpünktlich erfüllt, von den anderen Eigentümern zum Verkauf gezwungen werden kann. Eine Abmahnung, die dem Entziehungsbeschluss der Gemeinschaft vorangehen muss ist hierfür die Voraussetzung.

Damit wurde die Entziehungsklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eines ihrer Mitglieder abgewiesen. Über mehrere Jahre hinweg hatte der Beklagte das von ihm geschuldete Wohngeld regelmäßig erst nach gerichtlicher Geltendmachung gezahlt. Daraufhin wurde von der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, dem Beklagten sein Wohnungseigentum zu entziehen. Gleichzeitig wurde allerdings angeboten, die gerichtliche Geltendmachung zurückzustellen, wenn er seine Rückstände umgehend begleiche. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes genügt dieses Angebot dem Abmahnungserfordernis jedoch nicht, da es erst nach dem Entziehungsbeschluss erfolgte und somit keine Warnfunktion erfüllen konnte.

Die fortwährende Verletzung der Pflicht zur Lasten- und Kostentragung nach § 16 Abs. 2 WEG rechtfertige nach dem Urteil die Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18. Abs. 1 WEG. Eine Entziehung bei Wohngeldrückständen sehe § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG zwar nur vor, wenn die ausstehenden Forderungen nicht bis zur Erteilung des Zuschlags beglichen seien, § 19 Abs. WEG. Bei andauernder Unpünktlichkeit der Zahlung sei allerdings ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 18 Abs. 1 WEG möglich. Da es dem Verwalter die erforderliche Planungssicherheit nehme und die Verwaltung nachhaltig beeinträchtige, könne ein solches Verhalten die Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar machen.
Eine vorherige Abmahnung sei dabei die Voraussetzung für die Entziehung. Der Gesetzgeber habe die Entziehungsklage als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber unzuverlässigen Mitgliedern eingeführt. Dem bestehenden Eigentumsgrundrecht des Betroffenen könne lediglich mit besagter Abmahnung Rechnung getragen werden.
Entbehrlich sei diese Abmahnung nur dann, wenn sie offenkundig keine Aussicht auf Erfolg biete oder unzumutbar sei. Dies entspreche der Regelung des § 543 Abs. 3 BGB für das Wohnungsraummietrecht und der §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 BGB für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund. Auf die vergleichbare Entziehungsklage nach dem WEG sei diese einheitliche Wertung zu übertragen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes stellt sich ein wegen fehlender Abmahnung nicht ausreichender Entziehungsbeschluss jedoch rechtlich als Abmahnung dar. Er erlaube nach entsprechender Beschlussfassung eine Entziehungsklage, wenn der betroffene Wohnungseigentümer, und sei es auch nur einmal, die abgemahnten Pflichten versäume. Etwas anderes gelte nur, wenn der Beklagte unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Dauer seines Wohlverhaltens, annehmen dürfe, die zur Abmahnung führenden Vorgänge hätten sich für die Gemeinschaft erledigt.