Bei einer Zweitvergabe müssen alle zuvor beteiligten Bieter informiert werden

01.01.2012

Bei einer Zweitvergabe müssen alle zuvor beteiligten Bieter informiert werden

Mit Beschluss vom 15.03.2007 (Az.: 1 Verg 14/06) hat das Oberlandesgericht Naumburg entschieden, dass ein zuvor ausgeschriebener Vertrag, der kurz nach Auftragsvergabe vorzeitigt gekündigt wurde, ohne ein erneutes Vergabeverfahren an einen der zuvor beteiligten Bieter vergeben wird, dieser Vertrag nichtig ist. Denn in diesem Fall müssen die anderen zuvor beteiligten Bieter über den beabsichtigten Vertragsschluss rechtzeitig informiert werden.

Im vorliegenden Fall hat der Auftraggerber einen Bauauftrag europaweit ausgeschrieben, jedoch aufgrund gravierender Qualitätsmängel bei der Vertragdurchführung diesen Vertrag vorzeitig gekündigt. Im Anschluss daran wird ein zuvor am Vergabeverfahren beteiligter Bieter mit dem Bauauftrag betraut, ohne dass jedoch vorher ein erneutes Vergabeverfahren durchgeführt wurde oder die anderen beteiligten Bieter über die beabsichtigte Auftragsvergabe informiert wurden. Einer dieser zuvor beteiligten Bieter wendet sich daraufhin an die Vergabekammer und bekommt von dieser Recht. Die Nichtigkeit des Zweitvertrages wird festgestellt. Daraufhin legt der Auftraggeber beim Oberlandesgericht dagegen Beschwerde ein.

Auch das Oberlandesgericht entscheidet für den zuvor beteiligten Bieter. Der zweite Vergabevertrag ist aufgrund unterbliebener Information der übrigen Bieter nichtig. Nach § 13 Satz 6 VgV gelte diese Nichtigkeitsfolge dem Wortlaut nach zwar nur für Situationen, in denen der Auftraggeber eine Ausschreibung tatsächlich durchgeführt oder zumindest mit mehreren Unternehmern verhandelt hat. Auf die Fälle der Zweitvergabe sei die Nichtigkeitsfolge des § 16 Satz 6 VgV jedoch analog anzuwenden. Wenn der Auftraggeber einen zuvor erfolglos verlaufenen Auftrag ohne erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens an einen zuvor beteiligten Bieter vergibt, stelle sich dieses Vorgehen bei funktionaler Betrachtung als ein einheitlicher Beschaffungsvorgang dar, wodurch auch § 13 Satz 6 VgV analog zur Anwendung kommt und der Vertrag nichtig sei.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht