Beamte mit drei oder mehr Kindern haben ein Anrecht auf die verfassungsrechtlich gebotene Mindestalimentation

01.01.2012

Beamte mit drei oder mehr Kindern haben ein Anrecht auf die verfassungsrechtlich gebotene Mindestalimentation

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat mit Urteil vom 13.02.2007 (Az.: 4 S 2289/05) entschieden, dass Beamten mit drei oder mehr Kindern in der Vergangenheit nicht die verfassungsrechtlich gebotene Mindestalimentation gewährt wurde. Dem Kläger, einem Hochschuldozenten mit drei Kindern, wurde für die Jahre 1999 bis 2001 sowie für das Jahr 2003 über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinaus ein Betrag in Höhe von insgesamt rund 1.300 Euro netto zugesprochen.

Von 1995 bis September 2001 war der Kläger als wissenschaftlicher Assistent an einer baden- württembergischen Universität tätig und schied danach aus dem Beamtenverhältnis aus. Er wurde mit Wirkung vom 01.10.2003 erneut in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen und zum Hochschuldozenten (Besoldungsgruppe C 2) ernannt. Er klagte wie zahlreiche Landes- und Bundesbeamten mit mehr als zwei Kindern vor dem Verwaltungsgericht auf eine höhere Besoldung und berief sich dabei auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 (Urteil vom 24.11.1998, Az. 2 BvL 26-91 ua.)

Das Bundesverfassungsgericht hatte hierin zum wiederholten Male festgestellt, dass die Besoldung dieser Beamten unter der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestgrenze liege, weil die gesetzliche Besoldung die familiären Unterhaltspflichten nicht realitätsgerecht berücksichtige. Die Besoldung sollte bis spätestens 31.12.1999 den verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst werden. Wenn der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nachkomme, habe der Besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 Prozent des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe verpflichtet nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchverfahrens mit Urteil vom 26.01.2005 das Land zur Zahlung von etwa 2.170 Euro netto für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2004. Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung des Landes gegen dieses Urteil hatte nur teilweise Erfolg.

Die Verwaltungsgerichte ging davon aus, dass die Besoldung der Beamten mit mehr als drei Kindern in den vorliegend allein im Streit stehenden Jahren 1999 bis 2001 und 2003/2004 nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht entspreche. Die Verwaltungsgerichte seien befugt, ab dem 01.01.2000 höhere familienbezogene Gehaltsanteile zuzusprechen, da der Gesetzgeber der vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Verpflichtung jedenfalls bis zum Jahr 2004 nicht ausreichen nachgekommen sei und die Besoldung kinderreicher Familien auch unter Berücksichtigung der Änderungen des Besoldungs-, Kindergeld- und Steuerrechts nicht entsprechend den verfassungsgerichtlichen Vorgaben geregelt habe. Diese Befugnis erstrecke sich auch auf das Jahr 1999.

Für das Jahr 2003 stehe dem Kläger jedoch kein Anspruch auf Erhöhung der gesetzlich vorgesehenen familienbezogenen Gehaltsbestandteile zu, da er diesen Anspruch erst im Jahr 2004 gegenüber der Beklagten gelten gemacht habe. Für den verbleibenden Zeitraum, also für die Zeit vom 01.01.1999 bis 30.09.2001 und für das Jahr 2004 errechnete der Verwaltungsgerichtshof einen nicht gedeckten Unterhaltsbedarf des dritten Kindes des Klägers in Höhe von monatlich netto 25,76 Euro (1999), 30,21 Euro (2000), 29,19 Euro (2001) und 30,56 Euro (2004).

Abschließend wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die Entscheidung, auch wenn sie unmittelbar nur einen begrenzten Personenkreis und einen begrenzten Zeitraum betreffe, gleichwohl für eine Vielzahl von Beamten aller Besoldungsgruppen von Bedeutung sei. Bei den Verwaltungsgerichten und Behörden seien nach mehrere Hundert vergleichbare Verfahren anhängig, die derzeit jedoch überwiegend auf Antrag der Beteiligten ruhten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht