Aufhebung der Auflage zur Betriebsführung für das Kernkraftwerk Philippsburg

01.01.2012

Aufhebung der Auflage zur Betriebsführung für das Kernkraftwerk Philippsburg

Im Streit um den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg hat die Betreibergesellschaft EnBW vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg mit Urteil vom 26.02.2007 (Az.: 10 S 643/05) einen Erfolg erzielt. Eine nachträgliche Auflage zur Betriebsführung, erlassen vom baden- württembergischen Wirtschaftsministerium, wurde aufgehoben.

Die EnBW Kraftwerke sollte der Auflage zur Folge den Betrieb des Blocks 1 und 2 des von ihr betriebenen Kernkraftwerks Philippsburg unverzüglich einstellen, sofern ?Grenzwerte, Maße oder andere spezifizierte sicherheitstechnische Anforderungen der Genehmigung zur Störfallbeherrschung nicht eingehalten? werden, es sei denn, ?das dadurch bedingte Defizit der Störfallbehebung ist offensichtlich unbedeutend?. Der EnBW wurde darüber hinaus aufgegeben, die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren, wenn ?der Nachweis der Störfallbeherrschung? im Kernkraftwerk Philippsburg ?in Frage gestellt sein könnte?. Die Betreiberin sollte den Leistungsbetrieb dieses Kernkraftwerks unverzüglich einstellen, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung gescheiter sei, es sei denn, die Störfallbeseitigung sei ?zweifelsfrei nur geringfügig beeinträchtigt?. Die erteilte atomrechtliche Genehmigung solle mit dieser nachträglichen Auflage teilweise aufgehoben und der Betrieb des Kernkraftwerks nur noch nach Maßgabe der Auflage gestattet sein.

Die EnBW hatte eingewandt, dass für diese Auflage keine Rechtsgrundlage bestehe und diese zudem unbestimmt sei. In der Folge gewährte der Verwaltungsgerichtshof dem Energiekonzern einstweiligen Rechtsschutz (Az.: 10 S 644/05). Die EnBW musste der Auflage bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht nachkommen.

Auch im Hauptsachverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof die nachträglich erlassene Auflage gegenüber der EnBW für rechtswidrig befunden. Dabei wurde unter anderem auf die Unbestimmtheit der Auflage verwiesen. Der EnbW als Betreiberin des Kernkraftwerks werde für eine Vielzahl von denkbaren Fallkonstellationen ein bestimmtes Verhalten, nämlich die Einstellung des Leistungsbetriebs, die unverzügliche Information der Aufsichtbehörde oder die Vorlage eines Projektplans, vorgeschrieben. Wann dieses Verhalten geboten sei, sei aber in der nachträglichen Auflage nicht ausreichend deutlich festgelegt.

Die Beherrschung vor Störfällen sei, so das Gericht, eine bei der Erteilung der atomrechtlichen Genehmigung zu prüfende Voraussetzung. In den zahlreichen erteilten Genehmigungen werde aber bei den Festsetzungen und Vorgaben nicht auf die Beherrschung der Störfälle Bezug genommen. In der nachträglichen Auflage sei deshalb nicht ausreichend deutlich geregelt, wann die Betreiberin den Vorgaben der nachträglichen Auflage nachzukommen habe und zum Beispiel den Leistungsbetrieb der Anlage einstellen müsse.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes können diese Unklarheiten auch nicht durch die Erwägung relativiert werden, die ?Betreiberin des Kernkraftwerks als Betroffene werde schon wissen, was gemeint sei?. Denn der Adressat eines Verwaltungsaktes müsse hinreichen bestimmt vorhersehen könne, welches konkrete Verhalten von ihm verlangt werde und welches Verhalten mit Strafe oder Geldbuße bedroht sei.

Auch sei die abstrakte nachträgliche Auflage deshalb rechtswidrig, weil die Behörde für eine Vielzahl von Fallgestaltungen die Einstellung des Leistungsbetriebs vorgeschrieben und damit die dem Schutz des Betreibers dienenden rechtlichen Bindungen nach dem Atomgesetz umgangen habe. Für die Einstellung des Betriebs eines Kernkraftwerks sehe das Atomgesetz eine konkrete Einzelentscheidung vor. Dies setzte aber voraus, dass die Behöre im konkreten Einzelfall den Sachverhalt aufkläre und eine Abweichung von der Genehmigung feststelle und nachweise. Die Ermächtigung des Atomgesetzes zum Erlass einer abstrakten Regelung berechtige die Behörde aber nicht dazu, durch den Erlass einer nachträglichen Auflage die auch dem Schutz des Betreibers dienenden gesetzlichen Regelung für ein Einschreiten gegen den Kraftwerksbetreiber zu umgehen und insbesondere durch die Ausübung eines Vorabermessens zu ersetzen.