Bedrängende Wirkung von Windkraftanlagen

01.01.2012

Bedrängende Wirkung von Windkraftanlagen

In seinem Urteil vom 09.08.2003 (Az.: 8 A 3726/05) hat sich das Oberverwaltungsgericht NRW mit den Besonderheiten der bedrängenden Wirkung von Windkraftanlagen auseinandergesetzt, die Kriterien für eine Unzumutbarkeit dargelegt und darauf aufbauend ein an dem Verhältnis von Anlagenhöhe und Abstand zur Wohnbebauung orientiertes Vermutungsmodell entwickelt.

Im Gegensatz zu Gebäuden wirkten Windkraftanlagen weniger durch die Baumasse des Turms als vielmehr durch die Höhe der Anlage insgesamt und die Rotorbewegung. Der in der Höhe wahrzunehmenden Drehbewegung des Rotors komme dabei eine entscheidende Bedeutung zu.

Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifach der Gesamthöhe der geplanten Anlage, liegt im Regelfall keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung vor. Ist der Abstand geringer als das Zweifach der Gesamthöhe der Anlage, wird die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifach der Gesamthöhe der Anlage, bedarf er regelmäßig einer besonders intensivern Prüfung des Einzelfalles.

Das OVG berücksichtigt im Rahmen der Einzelfallprüfung insbesondere die örtlichen Verhältnisse, die Anschirmung der Wohnnutzung gegenüber der Anlage, den Blickwinkel auf die Anlage, die Hauptwindrichtung, die topographische Situation, Vorbelastungen mit vorhandenen Windkraftanlagen und die planungsrechtliche Lage des Wohnhauses.

Die erdrückende Wirkung einer einzelnen 99,50 m hohen Windkraftanlage mit einem Rotordurchmesser von 58 m gegenüber einer 209 m entfernten Wohnnutzung im Außenbereich wurde vom OVG bejaht.

Nach einer bisher in der Praxis verbreitet angewandten Faustformel galt, dass jedenfalls bei einem Abstand zwischen Windkraftanlage und Wohngebäude von mehr als 300 m grundsätzlich keine erdrückende Wirkung vorliege. Nach dem aktuellen Maßstab des OVG dürfte daher einer Vielzahl bereits genehmigter oder noch im Genehmigungsverfahren befindlicher Anlagen rechtswidrig sein.