Die bayerische Fünf-Prozent-Klausel ist rechtmäßig

01.01.2012

Die bayerische Fünf-Prozent-Klausel ist rechtmäßig

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VerfGH) in München hat am 18.07.2006 (Vf. 9-VII-04) eine Popularklage abgewiesen, die auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung in der Bayerischen Verfassung gerichtet war. Gegenstand der Klage war die in Art. 14 Abs. 4 BayVerf enthaltene Sperrklausel. Danach erhalten Wahlvorschläge zur Landtagswahl, auf die im Land nicht mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen entfallen, keinen Sitz im Bayerischen Landtag zugeteilt. Jetzt entschied der Gerichtshof, der Grundsatz der Wahlgleichheit sei dadurch nicht verletzt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Sperrklausel in Art. 14 Abs. 4 BayVerf verstoße gegen Grundsätze der Demokratie und gegen den Gleichheitssatz. Eine freie und gleiche Wahl sei nicht mehr gegeben, wenn aus Angst vor der verlorenen Stimme eine andere Partei gewählt werde. Bei der Landtagswahl 2003 in Bayern seien etwa zwölf Prozent der abgegebenen Stimmen auf Parteien entfallen, die unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben seien. Da diese Wähler bei der Mandatsverteilung im Landtag wie Nichtwähler behandelt würden, habe die CSU im Landtag eine Zweidrittelmehrheit erreicht, obwohl sie nur von 34 Prozent der Stimmberechtigten gewählt worden sei. Das demokratische System erleide durch diese Reglung großen Schaden, da neue politische Ideen in der festgefahrenen Parteienlandschaft kaum Chancen hätten.

Der VerfGH wies die Popularklage als unbegründet ab. Es liege kein Verstoß gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit vor. Die Sperrklausel führe zwar zu einem unterschiedlichen Erfolgswert der abgegebenen Stimmen. Dies sei aber durch einen besonderen, zwingenden Grund gerechtfertigt, der in der mit dieser Regelung angestrebten Sicherung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Parlaments zu sehen sei. Diesem Ziel komme ein hoher Stellenwert zu. Eine Aufspaltung der Volksvertretung in viele kleine Gruppen, die die Bildung einer stabilen Mehrheit erschweren könne, sei eine mögliche Folge des Verhältniswahlsystems, das den politischen Willen der Wählerschaft möglichst wirklichkeitsgetreu abzubilden versuche.

Weiter heißt es, eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung sei nicht mit dem Hinweis darauf in Abrede zu stellen, dass sich die während der Zeit der Weimarer Republik gegebenen Verhältnisse unter der Geltung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung wesentlich geändert hätten. Insbesondere lasse das Argument des Antragstellers, dass gegenwärtig keine Radikalisierung der Parteien festzustellen sei, die Notwendigkeit, einer Parteienzersplitterung entgegenzuwirken und dadurch die Grundlage für stabile Regierungen zu schaffen, nicht entfallen. Auch ein Verstoß gegen Demokratiegrundsätze liege nicht vor. Zwar kämen als Folge der Sperrklausel die Stimmen, die auf die an ihr gescheiterten Parteien entfielen, bei der Zuteilung der Sitze im Landtag Parteien zugute, für die sie nicht abgegeben worden seien. Das allein stelle aber die Verfassungsmäßigkeit des Art. 14 Abs. 4 BayVerf noch nicht in Frage.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht