Sittenwidrigkeit eines Immobilien-Leasingvertrag (PPP-Modell)

01.01.2012

Sittenwidrigkeit eines Immobilien-Leasingvertrag (PPP-Modell)

Ein Immobilien-Leasingvertrag, der von einer Gemeinde unter grober Verletzung des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit kommunaler Haushaltsführung abgeschlossen wird, ist sittenwidrig. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 25.01.2006 (VIII ZR 398/03) entschieden. Die Entscheidung ist von grundsätzlicher Bedeutung für alle PPP-Projekte.

Eine Gemeinde mit ca. 600 Einwohnern plante die Errichtung eines Verwaltungs- und Gemeindezentrums mit etwa 1.000 qm Nutzfläche durch einen auswärtigen Investor. Die Gesamtinvestitionskosten beliefen sich auf etwa 2 Mio. Euro. Die Gemeinde schloss mit dem Investor einen Grundstückskaufvertrag sowie einen Immobilien-Leasingvertrag über das Objekt ab. Dessen Laufzeit sollte mehr als 20 Jahre betragen. Die monatliche Leasingrate belief sich auf ca. 14.000 Euro. Im Zuge einer Gebietsreform, von der die Gemeinde bereits bei Vertragsabschluss wusste, entfiel der Nutzungszweck des Objektes als Verwaltungs- und Gemeindezentrum. Die für das Investorenprojekt notwendige Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde wurde daher nicht erteilt. Der Investor verlangt Schadensersatz wegen Zinsschäden unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens der Gemeinde bei den Vertragsverhandlungen. Er beruft sich auf die Verletzung von Aufklärungspflichten über die Erforderlichkeit der Genehmigung.

Ohne Erfolg. Der BGH hat einen Schadensersatzanspruch des Investors wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zurückgewiesen. Zwar können kommunale Selbstverwaltungskörperschaften im Rahmen ihres privatrechtlichen Handelns grundsätzlich einer solchen Haftung unterliegen. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich jedoch deshalb nicht, weil die Wirksamkeit des Leasing-Vertrages nicht erst an der Versagung der Genehmigung, sondern daran scheitert, dass der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Die Sittenwidrigkeit folgt aus dem auffälligen Missverhältnis der vereinbarten Leasingrate zu vergleichbaren Gewerberaummieten. Eine derart hohe Leasingrate stellt in einer "Kleinstgemeinde" mit rund 600 Einwohnern und vier Bediensteten auch einen eklatanten Verstoß gegen den gesetzlich normierten Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und somit eine Verschwendung von Steuergeldern dar. Dieser Grundsatz dient dem Schutz der Gemeinden und Gemeindeverbände vor Selbstschädigung durch übermäßige privatrechtliche Verbindlichkeiten. Er steht im Interesse der Allgemeinheit. Die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände waren den am Abschluss des Leasingvertrages Beteiligten bekannt. Ein berechtigtes Vertrauen auf die Wirksamkeit des Leasingvertrages konnte daher bei keiner der am Vertragsschluss beteiligten Personen entstehen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht