Haftungsfalle: Rechtsberatung durch Architekten

01.01.2012

Haftungsfalle: Rechtsberatung durch Architekten

Nach einem Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin vom 20.03.2006 (24 U 48/05) muss ein Architekt die zur Lösung der ihm übertragenen Planungsaufgaben notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts besitzen. Soweit diese von ihm zu erwartenden Kenntnisse betroffen sind, entbindet ein - rechtswidriges - Verwaltungshandeln, etwa ein positiver Vorbescheid oder eine Baugenehmigung, den Architekten nicht von der eigenen Prüfpflicht. Die Klärung schwieriger Rechtsfragen aus dem Bereich des Baunebenrechts kann vom Architekten hingegen nicht verlangt werden, da er einem Rechtsberater des Bauherrn nicht gleichgestellt werden darf.

Die Bauherrin verlangt die Rückzahlung von ca. 170.000 Euro Architektenhonorar. Das zuständige Baurechtsamt hatte eine Baugenehmigung erteilt. Auf Betreiben der Naturschutzbehörde wurde die Baugenehmigung jedoch zurückgenommen, weil eine erforderliche naturschutzrechtliche Befreiung fehlte. Das Verwaltungsgericht erklärte die Rücknahme für rechtmäßig. Die Bauherrin ist der Meinung, der Architekt müsse das bereits auf eine entsprechende Teilschlussrechnung geleistete Honorar zurückzahlen; seine Planung sei wertlos.

Das KG konnte keine Pflichtverletzung des Architekten feststellen. Die etwaige Genehmigungsunfähigkeit war im Hinblick auf das naturschutzrechtliche Befreiungserfordernis nicht von der Erfolgsbezogenheit der Werkverpflichtung erfasst. Zwar schuldet der Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, als Werkerfolg grundsätzlich eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Ein - rechtswidriges - Verwaltungshandeln, etwa ein positiver Vorbescheid oder eine Baugenehmigung, entbindet den Architekten nicht von der eigenen Prüfpflicht. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Architekten verliert hierdurch nicht ihre Bedeutung als selbstständiger Haftungstatbestand.

Allerdings kann die Klärung schwieriger Rechtsfragen, die in die Alleinverantwortung der Bauaufsichtsbehörde fallen, vom Architekten nicht verlangt werden, da er einem Rechtsberater des Bauherrn nicht gleichgestellt werden darf. Dies betrifft nicht erst die Frage des Verschuldens, sondern bereits die Frage der (objektiven) Pflichtverletzung, da die Genehmigungsfähigkeit Teil der Vertragspflicht ist. Bei der Frage der Erwirkung der naturschutzrechtlichen Befreiung handelt es sich um eine schwierige Rechtsfrage in einem Nebenrechtsgebiet, deren Klärung von einem Architekten nicht verlangt werden kann.

Ob das Urteil in der Revision Bestand haben wird, ist offen. Bei einer vergleichbaren Fallgestaltung (fehlende Genehmigung nach § 6 WHG) hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf nicht nur eine Pflichtwidrigkeit, sondern sogar ein Verschulden des Architekten angenommen.

Das Urteil ist darüber hinaus nicht allein für Architekten mit Blick auf deren Haftungsrisiken interessant. Es zeigt vielmehr auch für den Bauherrn auf, dass dieser sich weder auf Rechtsauskünfte der Behörden noch auf die Rechtskenntnisse seines Architekten vollständig verlassen kann. Wann immer im Zusammenhang mit Bauvorhaben Rechtsfragen aufgeworfen werden, empfiehlt sich deshalb dringend die Hinzuziehung eines spezialisierten Rechtsanwalts. Je früher dies geschieht, umso größer sind die Chancen, alle rechtlichen Probleme im Vorfeld lösen zu können und von bösen Überraschungen - wie im vorliegenden Fall - verschont zu bleiben. Die Investition in eine derartige Rechtsberatung rentiert sich schnell.