BAG bejaht dynamische Verweisung auf das tarifliche Regelwerk des öffentlichen Dienstes in einem Haustarifvertrag

01.01.2012

BAG bejaht dynamische Verweisung auf das tarifliche Regelwerk des öffentlichen Dienstes in einem Haustarifvertrag

Mit der vorliegenden Entscheidung erweitert das BAG seine Rechtsprechung zu den so genannten Verweisungsklauseln auch auf Haustarifverträge eines verbandsfreien Arbeitgebers. Im Zweifel sei auch hier eine Gleichstellung der Arbeitnehmer eines verbandsfreien Arbeitgebers mit denen eines öffentlichen Arbeitgebers, der der Tarifbindung unterliegt, beabsichtigt.

Bestimmt ein Haustarifvertrag für ein Unternehmen des öffentlichen Personen- Nahverkehrs, dass für die Arbeiter der «Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe» (BMT-G-O) vom 10.12.1990 und «die diesen im Bereich der Gemeinden... ergänzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung» findet, soweit der Haustarifvertrag keine Abweichungen enthält, so liegt eine dynamische Verweisung auf das gesamte Regelungswerk für die Arbeiter des öffentlichen Dienstes vor. Anzuwenden sind auch ergänzende Tarifbestimmungen zum BMT-G-O, die erst nach Abschluss des Haustarifvertrages in Kraft getreten sind. Dies gilt auch für Versorgungstarifverträge. Das hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 25.07.2006 entschieden (Az.: 3 AZR 134/05). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der keinem Verband angehörige Arbeitgeber mit der Gewerkschaft ÖTV im Jahr 1996 einen Haustarifvertrag geschlossen, der eine entsprechende Verweisung enthielt. § 12 BMT-G-O, der eine Zusatzversorgung der Arbeiter vorsieht, war zwar zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen, trat aber erst zum 01.01.1997 in Kraft. Bei späteren Fassungen des Haustarifvertrages blieb die Verweisungsklausel unverändert.

Die Auffassung des Arbeitgebers, nur auf die bei Abschluss des Haustarifvertrages geltenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes könne verwiesen worden sein, setzte sich nicht durch. Wie schon die Vorinstanz (das LAG Brandenburg) bejahte auch das BAG in diesem Fall eine umfassende dynamische Verweisung, die Tarifentwicklungen der Zukunft einschließt. Durch den Haustarifvertrag sollten die Arbeitnehmer des verbandsfreien Arbeitgebers denen des öffentlichen Dienstes gleichgestellt werden. Ausnahmen davon hätten im Haustarifvertrag ausdrücklich geregelt werden müssen. Die von diesem Tarifvertrag erfassten Arbeiter können daher nach Ansicht des BAG zeitgleich mit denen des öffentlichen Dienstes eine Zusatzversorgung beanspruchen.

Das Besondere an dieser Entscheidung liegt darin, dass die Rechtsprechung des BAG zu den so genannten Verweisungsklauseln bislang Anwendung fand bei tarifungebundenen Arbeitnehmern eines tarifgebundenen öffentlichen Arbeitgebers. Hier liegt der Fall aber umgekehrt, denn hier war gerade der Arbeitgeber verbandsfrei. Der BMT-G-O fand alleine wegen einer Verweisung des individuellen Haustarifvertrages zwischen dem Arbeitgeber und der damaligen ÖTV Anwendung. Weil der Arbeitgeber kein Mitglied einer tarifschließenden Partei bei späteren Tarifrunden war, fanden die Änderungen des BMT-G-O keine automatische Anwendung, wohl aber@NBSP@ wie das BAG hetzt entschieden hat- wegen der weit auszulegenden Verweisungsklausel, mit der im Zweifel eine Gleichstellung der Arbeitnehmer beabsichtigt war.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht