Meldungen an die Informationsstelle für Vergabeausschüsse über die Zuverlässigkeit von einzelnen Bietern sind nicht anfechtbar

01.01.2012

Meldungen an die Informationsstelle für Vergabeausschüsse über die Zuverlässigkeit von einzelnen Bietern sind nicht anfechtbar

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat mit Beschluss vom 13.04.2006 (26 L 464/06) entschieden, dass es sich bei der Meldung an die Informationsstelle für Vergabeausschüsse beim Finanzministerium Nordrhein-Westfalen mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen nicht um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG (NW) handelt. Das verwaltungsinterne Register enthält Informationen über die Zuverlässigkeit von Bewerbern und Bietern für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die den öffentlichen Vergabestellen lediglich als Wissensbasis dienen sollen. Die entsprechenden Registereinträge können deshalb weder angefochten noch ihre Löschung beantragt werden.

Mit dem am 15. März 2006 bei Gericht anhängig gemachte Antrag erstrebten die Antragstellerinnen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 13. Februar 2006 gegen ihre Meldungen an die Informationsstelle für Vergabeausschlüsse beim Finanzministerium des Landes Nordrhein- Westfalen vom 31. Januar 2006 und die Verpflichtung des Antragsgegners, die unverzügliche Löschung der Eintragungen in das Vergaberegister NRW zu veranlassen. Nach Auffassung des VG ist dieser Antrag bereits nicht statthaft. Denn gemäß § 80 Abs. 1, 5 S. 1,3 VwGO sei ein solcher Antrag u. a. nur dann zulässig, wenn es sich bei der angegriffenen Verwaltungsmaßnahme um einen im Hauptsacheverfahren mit der Anfechtungsklage anzugreifenden Verwaltungsakt i. S. des § 35 VwVfG NRW handele.

Die Meldung an das Vergaberegister sei aber kein Verwaltungsakt. Denn gemäß § 35 S. 1 VwVfG NRW liege ein Verwaltungsakt nur dann vor, wenn die in Rede stehende Maßnahme eine solche sei, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei. Die Entscheidung über die Meldung eines Betroffenen an das Vergaberegister beinhalte zwar eine Regelung, da sie auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge - nämlich die besagte Erfassung bei der Vergabestelle - gerichtet sei. Diese Regelung ziele jedoch nicht auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen, da sie die Rechtsposition einer gemeldeten Person als solche zunächst unberührt lasse. Aus § 4 Abs. 1 und 2 KorrG NRW folge, dass das Vergaberegister dazu diene, Informationen über die Zuverlässigkeit von Bewerbern oder Bietern der Vergabe öffentlicher Aufträge auszutauschen. Den öffentlichen Vergabestellen werde hiermit ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, das ihre Wissensbasis zur weiterhin erforderlich bleibenden individuellen Beurteilung der Zuverlässigkeit des Bewerbers oder Bieters vor einer konkreten Auftragsvergabe erweitere und damit dem öffentlichen Interesse Rechnung trage, dass öffentliche Aufträge nur an die Unternehmen vergeben werden, die sich als zuverlässig erwiesen haben. Es handele sich mithin um einen verwaltungsinternen Informationspool, das heißt ein verwaltungsinternes Hilfsmittel der Prüfung der Zuverlässigkeit vor Erteilung eines Zuschlages.

Dementsprechend regele § 9 Abs. 1 S. 3 KorrG NRW ausdrücklich, dass die anfragende Stelle in eigener Zuständigkeit entscheide, ob aufgrund der übermittelten Daten ein Ausschluss bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages erfolge. Somit hätten selbst positive Auskünfte aus dem Vergaberegister keinen automatischen Ausschluss im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Folge. Vielmehr würden der die Vergabeentscheidung treffenden öffentlichen Stelle lediglich weitere Informationen zur Entscheidungsfindung an die Hand gegeben. Die Meldung einer Person an das Vergaberegister wirke sich mithin auf dessen Rechtsposition erst dann aus, wenn sie sich an einem Vergabeverfahren beteilige und dann auch nicht im Sinne eines Ausschlusses von diesem Verfahren, sondern nur als ein bei der von der vergebenden Stelle zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Dies verdeutliche, dass die Meldung an das Vergaberegister keinerlei unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsposition der gemeldeten Person habe, sondern allenfalls von mittelbar wirkenden Ausstrahlungen die Rede sein könne.

Liege mithin schon kein mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt vor, so komme auch nicht etwa bereits deshalb die an den Antragsgegner zu richtende Anordnung, die unverzügliche Löschung der Eintragungen in das Vergaberegister zu veranlassen, in Frage, weil dieser die aufschiebende Wirkung des von den Antragstellern unter dem 13. Februar 2006 eingelegten "Widerspruches" missachtet habe.

Der nach alledem gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegende Antrag der Antragstellerinnen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die unverzügliche Löschung der Eintragungen in das Vergaberegister NRW zu veranlassen, habe ebenfalls keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Meldung der Antragstellerinnen an das Vergaberegister lägen vor. Gemäß § 6 Abs. 1 KorrG NRW sei der Antragsgegner verpflichtet, dem Vergaberegister die in § 7 Abs. 1 KorrG NRW genannten Daten zu melden, sobald er in Bezug auf natürliche Personen, juristische Personen oder Personenvereinigungen einen Vergabeausschluss ausspreche oder ihm einzutragende Verfehlungen im Sinne von § 5 KorrG NRW im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung bekannt würden. § 5 Abs. 1 KorrG NRW bestimme u. a., dass eine Verfehlung im Sinne dieses Gesetzes vorliege, wenn durch eine Person im Rahmen einer unternehmerischen Betätigung eine Straftat nach § 263 StGB begangen worden sei, sofern diese, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise der Begehung oder den Umfang des materiellen oder immateriellen Schadens, von Bedeutung sei. Gemäß § 5 Abs. 2 KorrG NRW erfolge ein Eintrag bei einer Verfehlung im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift u. a. bei Zulassung der Anklage. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften seien vorliegend erfüllt. (wird weiter ausgeführt)

Der Antragsgegner sei schließlich auch nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 KorrG NRW verpflichtet, die Meldung der Antragsteller zu 2. bis 7. zum Vergaberegister zurückzunehmen, weil diese nicht Auftragnehmer des in Rede stehenden Auftrages gewesen seien. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 KorrG NRW erfolge nur die Speicherung der Daten eines Unternehmensteiles, wenn nur Teile (Filialen) eines Unternehmens betroffen seien. Diese Voraussetzungen seien jedoch vorliegend nicht gegeben. Denn aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des KorrG NRW folge, dass die Aufträge vergebenden öffentlichen Stellen vor dem Handeln unzuverlässiger Vertragspartner geschützt werden sollen. Mithin komme es nicht auf die tätig gewordene juristische Person als solche, sondern vielmehr auf die hinter ihr stehenden und deren Tun steuernden natürlichen Personen an. Dies seien aber bei allen Antragstellerinnen - jedenfalls u. a. - die von der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wuppertal betroffenen Herren T und T1 bzw. bei den Antragstellern zu 6. und 7. jedenfalls einer dieser beiden Herren. Soweit die Antragstellerinnen im Übrigen darauf verweisen würden, dass die Antragstellerinnen zu 2. bis 5. öffentliche Aufträge überhaupt nicht wahrnehmen und schon deshalb nicht hätten gemeldet werden dürfen, so sei darauf zu verweisen, dass das Vergaberegister nur den in § 8 Abs. 2 KorrG NRW genannten öffentlichen Stellen zugänglich sei mit der Folge, dass die erfolgten Meldungen keinerlei Auswirkungen auf ihre privatrechtlichen Rechtsbeziehungen haben könnten, während andererseits aber die Tatsache ihrer Leitung durch bestimmte Personen im Rahmen künftiger Vergaben jedenfalls dann Bedeutung erlangen könne, falls diese im Rahmen von z.B. Umstrukturierungen im Unternehmensverbund doch Einfluss auf mit öffentlichen Auftraggebern kontrahierende Firmen gewinnen sollten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht