Rechtsstreit über die Vergabe eines privatrechtlich ausgestalteten Konzessionsvertrages der öffentlichen Hand gehört vor die Verwaltungsgerichte

01.01.2012

Rechtsstreit über die Vergabe eines privatrechtlich ausgestalteten Konzessionsvertrages der öffentlichen Hand gehört vor die Verwaltungsgerichte

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat mit Beschluss vom 04.05.2006 (15 E 453/06) zu der Frage Stellung genommen, welche Gerichtsbarkeit zuständig ist, wenn es dem Antragsteller bzw. Kläger darum geht, die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zu verhindern. Im vorliegenden Verfahren, in dem die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession sichergestellt wissen will, dass die Konzession nicht an die Beigeladene vergeben wird, geht es nach Auffassung des OVG um eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Sonderzuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit nach den Vergabevorschriften aus dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greife nicht ein, weil keine Vergabe eines öffentlichen Auftrages nach § 99 Abs. 1 GWB in Rede stehe, sondern die Vergabe einer Konzession, für die der Konzessionsnehmer an die Gemeinde ein Entgelt abführe.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei das in Rede stehende Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur. Die Antragstellerin bewerbe sich in Konkurrenz zur Beigeladenen darum, mit der Antragsgegnerin einen Konzessionsvertrag zum Betrieb und zur Verwaltung zweier der Antragsgegnerin gehörender Parkflächen zu schließen. Es könne zwar vertretbar sein, diesen Vertrag als zivilrechtlich einzustufen, obwohl bei ihm das allein zivilrechtlich geprägte Pachtelement vollständig hinter die Vertragsteile zurücktrete, die der Sicherstellung der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen. Auch bei einer zivilrechtlichen Natur des hier in Rede stehenden Konzessionsvertrages folge daraus aber keineswegs, dass das Vergabeverhältnis ebenfalls zivilrechtlicher Natur ist. Selbst Vergaberechtsverhältnisse im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens, bei denen es also um die Deckung des Bedarfs der öffentlichen Hand mit Gütern und Dienstleistungen durch privatrechtlichen Erwerb dieser Leistungen geht, würden mit guten Gründen als öffentlich-rechtlich qualifiziert. Auch wenn der abzuschließende Vertrag als gewöhnlicher zivilrechtlicher Pachtvertrag einzustufen sein sollte, wäre das Handeln der Gemeinde zumindest auch öffentlich-rechtlich geprägt. Dann ginge es nämlich um eine gemeindliche wirtschaftliche Betätigung, die im Interesse eines öffentlichen Zwecks erforderlich sein müsse (§ 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen - GO NRW -). Die Antragstellerin wolle sich dann als Verpächterin gewerblicher Immobilien (Parkhaus, Parkgrundstück) betätigen. Der hier in Rede stehende öffentliche Zweck der kommunalen Bereitstellung von Parkraum trage die wirtschaftliche Betätigung durch Vergabe einer Konzession mittels eines - unterstellt - privatrechtlichen Vertrages. Ungeachtet dessen unterliege sie dann aber dem öffentlich- rechtlichen Regime des Gemeindewirtschaftsrechts der §§ 107 ff. GO NRW. In der Rechtsprechung des OVG sei bereits geklärt, dass das Rechtsverhältnis zwischen der vermietenden Gemeinde und Konkurrenten des Mieters gemeindewirtschaftsrechtlicher und damit öffentlich-rechtlicher Natur sei.

Auch das hier betroffene Rechtsverhältnis zwischen der Gemeinde und den sich um den Vertragsabschluss Bewerbenden sei öffentlichrechtlicher Natur. Dafür sei nicht entscheidend, ob - was das Verwaltungsgericht problematisiert hatte - allgemein bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags dem privatrechtlichen Vertrag eine öffentlich-rechtliche Stufe der Vergabe vorgeschaltet sei. Entscheidend sei hier vielmehr, dass es um den Abschluss eines Konzessionsvertrages gehe, mit dem die von der Antragstellerin verfolgte öffentliche Aufgabe der Bereitstellung von Parkraum funktional, also allein in ihrer Erfüllung, privatisiert werde. Der Antragstellerin geht es bei der hier in Rede stehenden wirtschaftlichen Betätigung nämlich nicht etwa allgemein um die Vermietung oder Verpachtung städtischer Immobilien. Das ergebe sich daraus, dass der beabsichtigte Vertrag dem Pächter den Betrieb der Parkeinrichtungen zur Verpflichtung mache und diesen Betrieb einschließlich der Entgelt regelung gegenüber den Parkraumnutzern detaillierten Vorgaben, Kontrollen und Mitwirkungsbefugnissen der Antragstellerin unterwerfe. Letztlich werde die Bereitstellung von Parkraum dem zukünftigen Pächter als Betreiber der Parkeinrichtungen übertragen, die Antragstellerin entledige sich aber nicht der Aufgabe kommunaler Parkraumbereitstellung im Sinne einer materiellen Privatisierung, indem sie sich um Bereitstellung von Parkraum nicht mehr kümmere, sondern dies allein dem - gegebenenfalls durch wirtschaftsfördernde Maßnahmen beeinflussten - freien Markt überließe. Im Rahmen der hier vorliegenden Erfüllungsprivatisierung bleibe die Aufgabe "Bereitstellung von Parkraum" eine von der Antragstellerin wahrgenommene Aufgabe, die Tätigkeit der Gemeinde reduziert sich lediglich auf die Regulierung der Aufgabenerfüllung durch Leitung und insbesondere Auswahl des ansonsten selbständigen Kooperationspartners. Vorliegend stehe mit der Vergabe der Konzession die zentrale Regulierungsaufgabe der Auswahl des die Aufgabe erfüllenden Kooperationspartners in Rede. Diese sei öffentlichrechtlicher Natur. Das Privatrecht stelle keinerlei Maßstäbe auf, die an die Wahrnehmung einer Aufgabe der Daseinsvorsorge als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft durch die Gemeinde - hier Übertragung der Erfüllung der Aufgabe durch private Dritte im Rahmen funktionaler Privatisierung - zu legen wären. Allenfalls das technische Mittel der Wahrnehmung stelle das Zivilrecht in Form eines Vertrages zur Verfügung. Dies beraube die Regulierungstätigkeit der Auswahl nicht ihres öffentlich- rechtlichen Charakters. Daher unterliege das Regulierungshandeln der Gemeinde dem öffentlichen Recht.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht