Duldungspflicht des Mieters gegenüber Mobilfunkanlage

01.01.2012

Duldungspflicht des Mieters gegenüber Mobilfunkanlage

Einem Mieter steht ein Anspruch gegen den Vermieter auf Unterlassung des Betriebs einer Mobilfunksendeanlage nur in sehr engen Grenzen zu. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies jetzt die Klage eines Mieters zurück, der auf einen Herzschrittmacher angewiesen war und sich auf eine mögliche gesundheitsgefährdende Wirkung der Mobilfunkanlage berief. Nach Ansicht des Gerichts muss der Mieter den Betrieb der Anlage hinnehmen, soweit die in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (26. BImSchV) festgelegten Grenzwerte eingehalten werden (Urteil vom 15.03.2006, VIII ZR 74/05).

Der Kläger ist Mieter einer Dachgeschosswohnung im Haus des Beklagten. Er ist bettlägerig und trägt einen Herzschrittmacher. Der Vermieter gestattete einer Firma gegen ein Nutzungsentgelt, im Speicher und auf dem Dach seines Hauses eine Mobilfunksendeanlage einzurichten. Für dieses Vorhaben wurden von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post Standortbescheinigungen erteilt. Mit seiner Klage begehrt der Mieter vom Vermieter, den Betrieb der Mobilfunksendeanlage zu unterlassen. Nachdem der Klage zunächst stattgegeben worden war, hatte die dagegen gerichtete Berufung des Vermieters nach Einholung eines Sachverständigengutachtens Erfolg. Jetzt wies der BGH die Revision des Mieters zurück.

Das Berufungsgericht, das die Klage des Mieters abgewiesen hatte, führte in seiner Begründung aus, die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch seien nicht bewiesen. Zwar könnten dem Mieter einer Wohnung Abwehransprüche aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gegen Immissionen zustehen, die vom Betrieb einer Mobilfunksendeanlage ausgingen. Ein solcher Anspruch scheide aber aus, wenn der Mieter die von der Mobilfunkanlage ausgehenden Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder gem. § 906 BGB als unwesentlich dulden müsse. Dies sei hier der Fall. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass die Anlage die maßgeblichen Grenzwerte der 26. BImSchV sowie des Entwurfs DIN VDE 08481 einhalte und die Mieterwohnung außerhalb des Sicherheitsabstands liege. Nach den getroffenen Feststellungen sei auch die Störfestigkeit von Herzschrittmachern entsprechend den Werten der DIN VDE 08481 eingehalten und die Wohnung des Klägers liege nicht im Einwirkungsbereich für aktive Körperhilfen (§ 10 Abs. 1 BEMFV). Der Vermieter sei auf Grund des Mietvertrags nur verpflichtet, diese Werte einzuhalten. Eine weitergehende Fürsorgepflicht bestehe nicht.

Entgegen der Auffassung der Revision stehe dem Kläger auch kein Unterlassungsanspruch auf mietvertraglicher Grundlage zu. Dieser lasse sich nicht mit der Verpflichtung des Vermieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB begründen, dem Mieter die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. Fehle eine vertragliche Vereinbarung über die Beschaffenheit der gemieteten Wohnung, sei nur die Einhaltung der einschlägigen technischen Normen geschuldet. Eine Mietwohnung weise dann keinen Sachmangel auf, wenn eine in der Nähe gelegene Mobilfunksendeanlage die in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte nicht überschreite.

Ein anderer Beurteilungsmaßstab ist nach Ansicht der Richter auch nicht deshalb anzulegen, weil die wissenschaftliche Diskussion über die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren noch nicht abgeschlossen ist. Die vom Verordnungsgeber in der BImSchV festgelegten Grenzwerte beruhten auf den übereinstimmenden Empfehlungen internationaler und nationaler Sachverständigengremien, unter anderem der Strahlenschutzkommission, die sich an nachweisbaren Gesundheitsgefahren orientiere. Weiter gehende Schutzmaßnahmen könnten sich nicht auf verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse stützen. Der Kläger habe auch nicht darlegen können, dass bisher nicht berücksichtigte Forschungsergebnisse vorlägen, wonach die in der BImSchV festgelegten Grenzwerte unzureichend seien.