Streit über einen kommunalen Finanzausgleich im Bereich der sozialen Grundsicherung gehört vor die Verwaltungsgerichte

01.01.2012

Streit über einen kommunalen Finanzausgleich im Bereich der sozialen Grundsicherung gehört vor die Verwaltungsgerichte

Mit Beschluss vom 23.01.2006 (L 23 B 1080/05 SO) hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin- Brandenburg entschieden, dass für Ansprüche auf kommunalen Finanzausgleich wegen besonderer Belastungen im Bereich der sozialen Grundsicherung nach § 15 des Gesetzes über den allgemeinen Finanzausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Land Brandenburg (Brandenburgisches Finanzausgleichsgesetz - BbgFAG) mangels anderweitiger ausdrücklicher Zuweisung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Mit der Klage vor dem Sozialgericht Potsdam begehrt der Kläger als örtlicher Sozialhilfeträger von den Beklagten einen - teilweisen - Ausgleich seiner Aufwendungen für Leistungen an Antragsberechtigte in stationären Einrichtungen nach dem Gesetz über bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz - GSiG). Mit Beschluss vom 27. Oktober 2005 hat das Sozialgericht Potsdam den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt. Erstattungsbeziehungen zwischen einem örtlichen und einem überörtlichen Träger der Sozialhilfe seien Angelegenheiten der Sozialhilfe, und zwar auch dann, wenn Rechtsgrundlage für die Leistungen, deren Erstattung begehrt werde, weder das Bundessozialhilfegesetz noch das Sozialgesetzbuch-Sozialhilfe (SGB XII) sei. Das Erstattungsverhältnis werde allein von den sozialhilferechtlichen Vorschriften des § 4 Abs. 2 Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz (AG-BSHG) und § 100 Abs. 1 Nr. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geprägt.

Mit ihren Beschwerden zum LSG begehrten die Beklagten die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Potsdam. Es handele sich um eine Rechtsstreitigkeit des kommunalen Finanzausgleichs. Für derartige Streitigkeiten sei die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gegeben. Der Rechtsstreit wurde vom LSG gemäß § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Der Sozialrechtsweg sei nicht gegeben. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG lägen nicht vor. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe. Um eine solche handelt es sich im vorliegenden Fall aber nicht.

Zwar seien von dem Begriff@NBSP@ "Sozialhilfe" im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG auch Streitigkeiten nach dem GSiG erfasst (BSG, Beschluss vom 13. Oktober 2005 ( B 9b SF 4/05 R) und es gelte die seit dem 1. Januar 2005 begründete Zuständigkeit der Sozialgerichte für Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe auch für solche Verfahren, die nicht unmittelbar Leistungsansprüche von Hilfebedürftigen, sondern die Erstattung von im Zusammenhang mit Sozialhilfeleistungen entstandenen Kosten betreffen. Bei der vorliegenden Klage handele es sich aber nicht um eine Streitigkeit zwischen Sozialhilfeträgern über die Erstattung von im Zusammenhang mit Sozialhilfeleistungen - in konkreten Sozialhilfefällen - entstandenen Kosten, sondern um einen Streit über die finanzielle Ausstattung eines Landkreises zum Ausgleich besonderer Belastungen im Bereich der sozialen Grundsicherung.

Bei den Leistungen nach dem GSiG handelt es sich nicht um Aufgaben, die gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG dem überörtlichen Träger oblagen und gemäß § 2 Abs. 2 AG-BSHG vom örtlichen Träger der Sozialhilfe als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen wurden. Der Kläger mache vielmehr einen Anspruch auf Ausgleich seiner Belastungen, die ihm durch die bundesgesetzliche Verpflichtung zur Übernahme von Grundsicherungsleistungen entstanden sind, geltend. Hierbei handelt es sich der Sache nach um einen Anspruch auf kommunalen Finanzausgleich, für den die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig sei.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht