Hin- und Herzahlen des Einlagebetrages einer GmbH begründet keine doppelte Einlagepflicht

01.01.2012

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 09.01.2006 (II ZR 72/05) entschieden, dass der Gesellschafter einer "auf Vorrat" gegründeten GmbH die Stammeinlage nicht noch einmal leisten muss, wenn der Einlagebetrag sogleich an den Gesellschafter zurückgezahlt wird. Diese so genannte "Hin- und Herzahlen" führt nach Auffassung des BGH nicht zu einer Verdoppelung der Einlagepflicht des Gesellschafters.

Der Kläger in dem vom BGH entschiedenen Rechtsstreit ist seit 2003 Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Diese war im April 1997 von der Beklagten (Gesellschafterin) als so genannte "Vorratsgesellschaft" gegründet worden. Nach der Gründung zahlte die Beklagte zunächst die Stammeinlage ein. Die Zahlung floss allerdings unmittelbar darauf wieder an sie zurück. Dieser Rückzahlung lag angeblich eine Treuhandabrede zugrunde, wonach die Gesellschafterin das Geld zugunsten der Vorratsgesellschaft anlegen sollte. Zwei Monate später übertrug die Beklagte ihre Geschäftsanteile an der GmbH auf einen Dritten.
Im Zuge dessen zahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe der Stammeinlage (50.000 DM) an die GmbH. Der Kläger hat diese Zahlung mit Rücksicht darauf, dass die Beklagte selbst aufgrund der Treuhandabrede hat leisten wollen, nicht als Einlageleistung gelten lassen wollen und von der Beklagten die nochmalige Zahlung der Stammeinlage verlangt. In den Vorinstanzen bekam der Kläger zunächst Recht. Das Berufungsgericht führte aus, durch das ursprüngliche Hin- und Herzahlen habe die Beklagte ihre Einlageschuld nicht erfüllen können. Die Einzahlung der 50.000 DM im Zuge der Veräußerung der Geschäftsanteile habe keine Tilgungswirkung gehabt. Denn die Beklagte habe nicht auf die Einlageschuld, sondern zur Erfüllung der Pflichten aus der Treuhandabrede zahlen wollen. Im Ergebnis müsse die Beklagte den Betrag von 50.000 Mark zwei mal leisten.

Der BGH sah dies anders, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte durch den Vorgang des Hin- und Herzahlens ihre Einlageschuld nicht habe tilgen können, billigte er. Denn sie stehe im Einklang mit der seit vielen Jahren gefestigten und auch im Schrifttum mehrheitlich vertretenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Verworfen hat der BGH dagegen die Vorstellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe auch durch die spätere Zahlung von 50.000 Mark ihre Einlageschuld nicht erfüllen können.

Da das Hin- und Herzahlen wirtschaftlich als ein einheitlicher, sich selbst neutralisierender Vorgang anzusehen sei, habe die beklagte Gesellschafterin nichts geleistet und die Gesellschaft nichts erhalten. Eine in diesem Zusammenhang für das "Herzahlen" getroffene "Treuhandabrede" sei rechtlich unwirksam. Da der Sachverhalt so anzusehen sei, als habe der Gesellschafter den Einlagebetrag in seinem Vermögen behalten, sei auf keiner Seite eine Bereicherung eingetreten. Offen sei ausschließlich die Einlageschuld. Diese sei durch die spätere Einzahlung getilgt worden. Dass sie mit einer rechtlich falschen Tilgungsbestimmung versehen worden sei, ändere daran nichts. Insbesondere führe dies nicht dazu, dass der Gesellschafter zweimal zahlen müsse, nämlich auf die unwirksame "Treuhandabrede" oder und außerdem auf die Einlageschuld.

Der BGH bemängelte, dass sich das Berufungsgericht mit der von ihm favorisierten Lösung bewusst darüber hinwegsetze, dass dem Sinn der Kapitalaufbringungsregeln zuwider derjenige Gesellschafter besser gestellt sei, der den Fehler bei der Einlagezahlung nicht alsbald behebe, sondern zuwarte, bis er von dem Insolvenzverwalter zwangsweise zur Einlagezahlung veranlasst werde. Er müsse nur einmal leisten, während der gesetzestreu vorgehende Gesellschafter "der Dumme" sei und - ohne Aufrechnungsmöglichkeit - ein zweites Mal an den Insolvenzverwalter zahlen müsse.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht