Hausanschlusskosten: Bei Widerspruch und Klage keine Verjährung

15.11.2020

Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH Kassel) hat sich erstmalig mit der umstrittenen Frage befasst, ob es auch den Ablauf der Zahlungsverjährung hemmt, wenn gegen einen Kostenerstattungsbescheid für Hausanschlusskosten gem. § 12 KAG Widerspruch und Klage erhoben wurde. In einem Beschluss hat er sich nun klar positioniert und festgestellt, dass auch nach langjährigen Rechtsbehelfsverfahren die Hausanschlusskosten geltend gemacht werden können. In seinem Beschluss vom 13. Februar 2020 (Az. A 2690/19.Z) hat der VGH Kassel die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung vom Verwaltungsgericht Gießen (VG Gießen) wegen ernsthafter Zweifel an deren Richtigkeit zugelassen.
Ein Grundstückseigentümer hatte im April 2010 Widerspruch gegen einen Bescheid erhoben, mit dem er von der Gemeinde zur Erstattung der durch Hausanschlüsse entstandenen Kosten herangezogen worden war. Aus ungeklärten Umständen wurde der Widerspruch nicht weiterbearbeitet. Erst im April 2019 - also neun Jahre nach Erhebung des Widerspruchs - wies die Gemeinde den Widerspruch zurück.
Der dagegen erhobenen Anfechtungsklage gab das VG Gießen (Az. 4 K 2262/19.GI) statt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Zahlungsverjährungsfrist von fünf Jahren gemäß § 228 der Abgabenordnung (AO) abgelaufen sei und der Kläger nun nicht mehr belangt werden könne.

Ernstliche Zweifel

Der VGH Kassel hat gegen die Entscheidung des VG Gießen die Berufung zugelassen, da er deren Richtigkeit ernstlich anzweifelt. Denn Hausanschlusskosten seien weder öffentliche Abgaben noch Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es sei deshalb unstreitig, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen solche Kostenbescheide eine aufschiebende Wirkung haben.
Dies hat zur Folge, dass während des Rechtsbehelfsverfahren die Zahlung des zu erstattenden Betrages weder verlangt noch zwangsweise durchgesetzt werden kann.

Mehr Schutz für Kommunen

Das VGH Kassel meint weiter, dass der Grundstückseigentümer keinen Vertrauensschutz geltend machen könne, wonach er nach Ablauf der Fünfjahresfrist darauf vertrauen könne, nicht mehr zahlen zu müssen. Auch ein zeitnah durchgeführtes Widerspruchsverfahren führt letztlich nicht zu einem ausreichenden Schutz der Kommunen. Denn auch nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens ist eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid möglich, der ebenfalls eine aufschiebende Wirkung hat. Im Hinblick auf die immer länger andauernden Verwaltungsstreitverfahren sei es nicht praktikabel, dass der Kostenerstattungsanspruch während eines noch andauern Prozessverfahrens nach Ablauf von fünf Jahren verjähren und damit erlöschen soll. Andernfalls wäre es möglich durch – auch aussichtslose - Rechtsbehelfsverfahren eine Zahlung der Grundstücksanschlusskosten gezielt zu verhindern, wenn das Verfahren entsprechend verzögert wird. Deshalb sei es richtig, dass für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens die Verjährungsfrist unterbrochen werde.

Die Entscheidung des VGH Kassel ist sachgerecht und richtig! Eine Verzögerung von Rechtsbehelfsverfahren, aus welchen Gründen auch immer, nun keine nachteiligen Konsequenzen mehr. Für die Kommunen entstünde somit Rechtssicherheit – auch bei langjährigen Rechtsbehelfsverfahren droht keine Zahlungsverjährung des Kostenerstattungsanspruchs. Da es sich um einen Berufungszulassungsbeschluss handelt, bleibt die Entscheidung in der Hauptsache noch abzuwarten – es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der VGH Kassel von seiner nun getroffenen Ansicht wieder abweicht.

(Autor: Rechtsanwalt Christopher B. Hubbertz)