Architektenhaftung für Brandschutzkonzept

15.04.2021

Mitunter ist klärungsbedürftig, ob ein Architekt für fehlerhafte Planungen Dritter haften muss, wenn er diese in seine eigenen Planungen integriert. So auch im vorliegenden Fall. Eine Gemeinde schrieb in einem Vergabeverfahren die Erstellung einer Genehmigungsplanung für eine Schule aus. Hinsichtlich des Brandschutzkonzepts beauftragte die Gemeinde selbst einen externen Brandschutzsachverständigen.

Der beste Bewerber wurde von der Gemeinde ausgewählt und beauftragt, die Genehmigungsplanung zu erstellen. Das externe Brandschutzkonzept wurde Bestandteil der Baugenehmigung für das geplante Vorhaben. In der Folge zeigten sich planerische Mängel, vor allem durch unzulässig lange und enge Flucht- und Rettungswege. Diese machten eine Umplanung samt Änderungsgenehmigung und Umbau erforderlich.

Zum Rechtstreit kam es wegen unterschiedlicher Ansichten über die zu zahlende Vergütung. Der Architekt forderte die Gemeinde zur Zahlung des vollen Honorars auf. Dagegen wehrte sich die Gemeinde aufgrund der mangelhaften Planung und rechnete ihre Mängelbeseitigungskosten für den erforderlich gewordenen Umbau gegen das Architektenhonorar auf. Darüber hinaus erhob die Gemeinde Widerklage wegen Mängelbeseitigungskosten, die über das Architektenhonorar hinausgingen.

Hinsichtlich der Höhe des zu zahlenden Architektenhonorars konnten sich die Parteien im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs einigen. Streitig blieb die Frage, inwieweit die Gegenforderung der Gemeinde begründet ist, also ob der Architekt für die mangelhafte Brandschutzplanung haften muss.

Gegen seine Haftung wendete der Architekt ein, das Brandschutzkonzept sei von der Gemeinde beauftragt und zudem durch die zuständige Fachbehörde geprüft und nicht beanstandet worden. Er habe das vorgelegte Konzept lediglich umgesetzt. Auch seien die Kosten für die Umbaumaßnahmen nicht ihm zuzurechnen, da der Aufwand auch angefallen wäre, wenn von Anfang an ein ordnungsgemäßes Brandschutzkonzept erstellt worden wäre (sogenannte Sowieso-Kosten).

Das Landgericht gab der Gemeinde nur teilweise Recht. Aufgrund des fehlerhaften Brandschutzkonzepts war die Leistung des Architekten mit einem Planungsmangel behaftet. Das geplante Bauwerk entsprach nicht den Brandschutzbestimmungen der Landesbauordnung. Die Verantwortung des Architekten für das Brandschutzkonzept eines Dritten folgte für das Landgericht aus der unkritischen Übernahme des Konzepts in die eigene Planung. Gleichwohl habe der Architekt die Fehlerhaftigkeit erkennen können, etwa weil explizite Angaben für das konkrete Vorhaben fehlten und lediglich die Brandschutzbestimmungen zitiert wurden. Es hätten zudem Überlegungen zu Rettungswegen gefehlt und damit eine auffällige Lücke vorgelegen, die der Architekt hätte bemerken müssen. Einen Abzug für Sowieso-Kosten hielt das Landgericht nicht für erforderlich, da bei einer ordnungsgemäßen Planung von Anfang an eine kostenneutrale Lösung umsetzbar gewesen wäre.

Der Höhe nach sah das Landgericht die Gegenforderung der Gemeinde jedoch nur zu etwa einem Drittel als begründet an, was ungefähr dem zu zahlenden Architektenhonorar entsprach. Im Übrigen müsse sich die Gemeinde ein Mitverschulden am mangelhaften Brandschutzkonzept anrechnen lassen, da sie den Ersteller selbst beauftragt hatte.

Entscheidung OLG Saarbrücken

In der Berufung wehrte sich die Gemeinde gegen die Zurechnung des Mitverschuldens. Mit Erfolg. Der Architekt wurde verurteilt, an die Gemeinde auch die restlichen Mängelbeseitigungskosten zu bezahlen.

Ein Architekt muss im Rahmen der konstruktiven Gebäudeplanung grundsätzlich auch die Anforderungen des Brandschutzes berücksichtigen. Die Reichweite dieser Leistungspflichten hängt vom Einzelfall ab, insbesondere von dem konkreten Objekt und von den Kenntnissen des Architekten.

Die maßgebliche Frage, wie die Rettungswege zu dimensionieren seien, gehörte nach Ansicht des OLG im konkreten Fall zu den Leistungspflichten des Architekten. Die relevanten brandschutzrechtlichen Fragen hätten allein unter Heranziehung der einschlägigen Regelung der Landesbauordnung sowie der Schulbaurichtlinie beantwortet werden können, sodass es keinerlei Spezialkenntnisse, die über die eines Architekten hinausgehen, bedurfte.

An dieser Bewertung änderte auch der Umstand nichts, dass die Gemeinde das Brandschutzkonzept selbst beauftragt hatte. Der Architekt hätte die Länge der Rettungswege und -breiten auf die Vorgaben des Brandschutzes prüfen müssen, da dies zu den von ihm geschuldeten Leistungspflichten zählte. Für eine Entbindung des Architekten von dieser Leistungspflicht hätte es einer besonderen Vereinbarung bedurft.

Fazit

Selbst wenn ein Architekt ein Brandschutzkonzept nicht selbst entworfen oder beauftragt hat, entbindet ihn das nicht immer von der Haftung, wenn das Konzept offensichtlich unvollständig war und er den Fehler ohne Weiteres hätte erkennen können. Ein Architekt kann sich folglich nur dann auf einen Sonderfachmann verlassen, wenn es um Leistungen geht, die besondere Fachkenntnisse erfordern. Geht es um allgemeine bautechnische Kenntnisse, wird ein „Mitdenken“ des Architekten erwartet.

(OLG Saarbrücken, Urteil vom 27.01.2021 - 2 U 39/20)