Auftraggeber muss Wertungsentscheidungen selbst treffen!

15.04.2023

Für die Betreuung von Vergabeverfahren schalten öffentliche Auftraggeber (AG) oftmals externe Berater ein, wie regelmäßig auch unsere Kanzlei. Die Vergabekammer des Bundes (VK Bund) hat nunmehr entschieden (Beschluss vom 07.12.2022 - VK 1-95/22), dass die letztendlichen Vergabeentscheidungen nicht auf solche Dritte delegiert dürfen. Die vom beauftragten Dienstleister vorbereitete Wertungsentscheidung muss vielmehr vom AG selbst nochmals (kurz) bestätigt werden.

Unterschiedliche Ansichten beim Zuschlag

Für die Betreuung eines Vergabeverfahrens über Planungsleistungen beauftragt der AG eine externe Beratungsgesellschaft. Diese erstellt eine Dokumentation über die Auswertung der von den Bietern eingereichten Konzepte. In einem eigenen Vergabevermerk verweist die Vergabestelle des AG hinsichtlich der Gesamtauswertung auf eine Bewertungsmatrix und auf den Vergabevorschlag der Beraterin. Die Vergabestelle führt hierzu aus, dass der Bieter X die bestmögliche Leistung erwarten lasse und das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet habe, sodass der Auftrag an diesen Bieter zu erteilen sei. Der nicht für den Zuschlag vorgesehene Bieter A ist allerdings nicht mit seinem Wertungsergebnis beim Zuschlagskriterium "Qualitätsmanagement" einverstanden. Er rügt unter anderem, dass eine eigenverantwortliche Wertungsentscheidung der Vergabestelle sowie deren Dokumentation fehle und leitet ein Nachprüfungsverfahren zur zuständigen Vergabekammer ein.

Bieter hat keinen Erfolg

Die VK Bund entscheidet, dass öffentliche Auftraggeber zwar die letztendliche Wertungsentscheidung selbst und eigenverantwortlich zu treffen haben und diese nicht auf externe Dienstleister delegieren dürfen. An den "billigenden Prüfvermerk", mit dem sich der AG die Angebotswertung des externen Dritten zu eigen macht, seien indes keine hohen Anforderungen zu stellen. Eine kurze Bestätigung wie "inhaltlich richtig" oder "einverstanden" auf der externen Wertungsdokumentation reiche bereits aus. Die oben zitierten Inhalte aus dem Vergabevermerk der Vergabestelle genügten hierbei den Anforderungen, weil sie die eigenständige Zuschlagsentscheidung des AG dokumentierten. Unschädlich sei, dass sich die Zustimmung des AG nicht in der Gesamtauswertung des Dienstleisters selbst wiederfinde, sondern sich diese erst aus dem gesonderten Vermerk der Vergabestelle ergebe. Durch seinen Vermerk habe sich der AG den Vergabevorschlag des Dienstleisters zu eigen gemacht und eine eigene (wenn auch knapp, aber hinreichend dokumentierte) Zuschlagsentscheidung getroffen. Hierfür spreche auch, dass diese Wertungsentscheidung vom AG im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens verteidigt und weiter bekräftigt worden sei.

Das letzte Wort hat der Auftraggeber!

Nach dieser Entscheidung bleibt die Hinzuziehung von externem Sachverstand bei der Durchführung von Vergabeverfahren (selbstverständlich) zulässig. Die Vertreter des AG müssen allerdings stets die letzte Entscheidungsgewalt behalten, die als solche nicht delegierbar ist. Der AG muss also den von seinem Dienstleister vorbereiteten Vergabevorschlag nachvollziehbar prüfen und die dortige Vergabeempfehlung selbst billigen. Auftraggebern ist deshalb zu raten, die eigene Billigung dieses Wertungsvorschlags (wenn auch nur kurz) zu dokumentieren.

In dieselbe Richtung geht übrigens ein anderer Beschluss des OLG Schleswig - 54 Verg 7/22. Im dort entschiedenen Fall wurde die Wertungsentscheidung einstimmig getroffen. Dabei hatten die Jurymitglieder die Entscheidung eines externen Mitglieds übernommen, das der ausschreibenden Auftraggeber-Gemeinschaft gar nicht selbst angehörte, sondern Vertreter des Landkreistages war. Auch nach Ansicht des OLG Schleswig müsse die Wertungsentscheidung vom AG selbst getroffen werden. Dieser könne sich auch die Feststellungen externer Jury-Mitglieder zu eigen machen. Dies bedeutet auch, dass das Wertungsgremium (zumindest auch, wenngleich nicht ausschließlich) mit Vertretern des AG besetzt sein muss. Die Benennung von Fachleuten, die die Zuschlagsentscheidung mit treffen, bedeute keine fehlerhafte Besetzung der Jury.

Trotz dieser Entscheidung sollten externe Vertreter möglichst nicht der Jury angehören. Diese können ihr Fachwissen auch dann in das Verfahren einbringen, wenn sie nicht Jury-Mitglied sind und kein Stimmrecht haben. Die Ausführungen eines solchen externen Beraters sollte der AG dann auch immer in einem eigenen Vergabevermerk dokumentieren.

(VK Bund, Beschluss vom 07.12.2022 - VK 1-95/22 - sowie OLG Schleswig, Beschluss vom 27.10.2022 - 54 Verg 7/22)