Zeitlicher Umfang von Bergbauvorhaben wirkt sich auf Artenschutzprüfung aus

15.06.2023

Projekte, die dem Bergrecht unterliegen, werden oft in langen Zeiträumen umgesetzt. Bei der Zulassung des Rahmenbetriebsplans, der die Grundlage für das Gesamtvorhaben mit Laufzeiten von regelmäßig mehreren Jahrzehnten darstellt, ist dieser Umstand bei den artenschutzrechtlichen Prüfungen zu berücksichtigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Beschluss vom 06.10.2022 (7 C 4/21) bestätigt. 

Erneute Bestandserfassungen bei der Hauptbetriebsplanzulassung 

Die Bergaufsichtsbehörde genehmigt den Rahmenbetriebsplan für die Erweiterung eines Quarzsand- und Kiestagebaus. Betroffen von dieser Erweiterung, die mit Rodungen einhergeht, sind auch Habitate von Fledermäusen und mehreren Vogelarten. Eine Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses regelt, dass die Bestände betroffener Tierarten bei der Zulassung nachfolgender Hauptbetriebspläne zu erfassen sowie die erforderlichen Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen sind. Hiergegen klagte ein Umweltverband mit dem Argument, dass die Verlagerung der artenschutzrechtlichen Konfliktbewältigung auf die Hauptbetriebsplanebene unzulässig sei. Die Klage blieb ohne Erfolg. 

Keine Verlagerung der artenschutzrechtlichen Konfliktbewältigung 

Die Vorinstanzen wie auch das BVerwG in letzter Instanz folgten der Argumentation des Umweltverbandes nicht. Es liege schon deshalb keine Verlagerung der artenschutzrechtlichen Konfliktbewältigung in spätere Zulassungsverfahren vor, weil im Rahmenbetriebsplanverfahren die artenschutzrechtliche Problematik geprüft und auch Maßnahmen zur Konfliktlösung getroffen worden seien (Artenschutzkonzept). Die streitige Nebenbestimmung diene der Ergänzung dieser artenschutzrechtlichen Prüfung sowie der Umsetzungskontrolle. Sie stelle sicher, dass die im Rahmenbetriebsplan vorgesehenen Maßnahmen für die im Rodungsabschnitt vorhandenen Arten ausreichten und sich der Erhaltungszustand der Populationen nicht verschlechtere. Damit liege keine Verlagerung der artenschutzrechtlichen Prüfung, sondern deren Ergänzung vor. 

Gestuftes Vorgehen sogar geboten 

Die Aufnahme des Vorbehalts einer aktualisierten Bestandserfassung macht nach Ansicht des BVerwG das Artenschutzkonzept nicht fehlerhaft. Vielmehr wird diese Vorgehensweise – Artenschutzkonzept auf der Rahmenbetriebsplanebene und erneute (reduzierte) Prüfung auf der Hauptbetriebsplanebene - dem gestuften, sich über einen langen Zeitraum erstreckenden bergrechtlichen Verfahren bei der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes und der nachfolgenden Hauptbetriebspläne in besonderer Weise gerecht. 

Praxishinweis 

Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans, die noch nicht zur Aufnahme der bergbaulichen Tätigkeiten berechtigt, liegt oftmals Jahre oder Jahrzehnte vor der Zulassung der letzten Hauptbetriebspläne. In dieser Zeit kann sich die Situation im Blick auf den Artenschutz maßgeblich ändern. Deshalb darf und muss die Einhaltung des Artenschutzrechts nicht nur durch die Aufstellung eines Artenschutzkonzeptes im Rahmenbetriebsplanverfahren sichergestellt werden. Vielmehr muss auch in den späteren Zulassungsverfahren für die Hauptbetriebspläne ein erneuter Blick auf die Problematik geworfen werden. Dies kann dadurch umgesetzt werden, dass das Vorhaben mit dem bestehenden Artenschutzkonzept (mit begleitender Bestandserfassung der betroffenen Arten) vorbehaltlich der Aufnahme weiterer Nebenbestimmungen zum Artenschutz im Hauptbetriebsplan zugelassen wird. Auf dieser Grundlage können dann im Hauptbetriebsplanverfahren notwendige Anpassungen zum Artenschutz vorgenommen werden.

Fraglos wäre allerdings ein völliger Verzicht auf die Auseinandersetzung mit der artenschutzrechtlichen Problematik im Rahmenbetriebsplanverfahren und deren „Verschiebung“ in das Hauptbetriebsplanverfahren ein schwerer und zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung führender Fehler.