Rückforderung von Fördermitteln: Planungsbüro haftet

15.06.2023

Laut einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg kann ein öffentlicher Auftraggeber ein Planungsbüro, welches mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 6 und 7 des § 34 HOAI beauftragt war, in Anspruch nehmen, wenn der Zuwendungsgeber aufgrund von Vergabeverstößen Fördermittel zurückfordert.

Die Crux mit der Zuwendung – wie gewonnen, so zerronnen

Eine Kommune hatte einem Planungsbüro im Zuge der Erneuerung des Dachs des Dorfgemeinschaftshauses den Zuschlag für die Objektplanung erteilt. Das Planungsbüro war hierbei auch mit den Grundleistungen der Vorbereitung und der Mitwirkung bei der Vergabe (Leistungsphasen 6+7) beauftragt worden. Für das Bauvorhaben waren EU-Fördermittel bewilligt worden. Gemäß den Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid waren die geltenden Vergabegrundsätze anzuwenden.

Der Zuwendungsgeber führte eine Prüfung der Mittelverwendung durch und widerrief sodann den Fördermittelbescheid. Er kürzte die Zuwendung in voller Höhe wegen festgestellter Vergabeverstöße bei der Vergabe der Bauleistungen. Die Kommune nahm daraufhin das Planungsbüro wegen der Rückforderung der Zuwendung aufgrund der fehlerhaften Durchführung der Vergabeverfahren auf Schadensersatz in Regress. Sie machte einen Betrag von 27.000 EUR geltend, was 75 % der vom Zuwendungsgeber zurückgeforderten Summe entspricht.

Zur Begründung trug die Kommune vor, dass die fehlerhafte Vorbereitung und Durchführung der Auftragsvergabe durch das beklagte Planungsbüro zur Rückforderung der Zuwendungen in dieser Höhe geführt hätten. Das Landgericht Halle gab dieser Klage überwiegend statt. Gegen dieses erstinstanzliche Urteil legte das Planungsbüro Berufung ein: Es sei im Rahmen der Grundleistungen der Leistungsphasen 6 und 7 der Objektplanung nur in technischer Hinsicht verantwortlich gewesen, Angebote einzuholen, Bietergespräche zu führen oder Angebote im Sinne einer Vergabeempfehlung zu beurteilen. Auch wenn die Kommune seinerzeit über keine eigene Vergabestelle verfügt habe, sei das Planungsbüro nicht als externe Vergabestelle beauftragt worden. Das Büro meinte schließlich, dass es der Kommune oblegen hätte, gegen den Widerruf des Zuwendungsbescheids Rechtsmittel einzulegen.

Planungsbüro scheitert endgültig vor dem OLG

Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wurde zurückgewiesen. Das OLG bestätigte hierbei die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass das Planungsbüro seine Leistungspflichten aus dem Ingenieurvertrag mangelhaft i.S.v. § 633 BGB erfüllt habe. Im Innenverhältnis zur Kommune sei das Büro verpflichtet gewesen, bei der Mitwirkung an den Vergabeverfahren zur Beauftragung der Bauleistungen auf die Einhaltung des Vergaberechts zu achten und insbesondere für eine ordnungsgemäße Vergabedokumentation Sorge zu tragen. Die Verletzung dieser Pflichten habe zum Erlass des Widerrufsbescheids in dem von der Kommune geltend gemachten Umfang beigetragen; sie sei zumindest mitursächlich für den Widerruf des Zuwendungsbescheids. Das Landgericht habe daher zu Recht entschieden, dass die Kommune gegen das Planungsbüro einen Anspruch auf Schadensersatz aus vertraglichen Gewährleistungsrechten nach §§ 634 Nr. 4, 636, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB hat.

Das OLG beurteilte auch die Höhe des zuerkannten Schadensersatzanspruches als angemessen. Die Kommune habe insbesondere ihren eigenen Mitverschuldensanteil zutreffend mit 25% berücksichtigt. Das OLG trat hierbei auch der Auffassung des Planungsbüros entgegen, dass dessen vertraglich übernommene Leistungspflichten angeblich beschränkt seien. Dass die Kommune sowohl als Auftraggeberin zu den Teilnehmern des Vergabeverfahrens als auch als Zuwendungsempfängerin zum Zuwendungsgeber für die Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens eigenverantwortlich tätig war, ändere daran nichts.

Der Kommune könne ferner kein Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 2 BGB vorgeworfen werden, weil sie kein Rechtsmittel gegen den Widerrufsbescheid des Zuwendungsgebers einlegte. Rechtsbehelfe müsse der Geschädigte, hier die Kommune, nur einlegen, soweit dafür hinreichende Erfolgsaussichten bestehen. Daran fehlte es hier aber nach Ansicht des OLG Naumburg (und übrigens auch nach der übereinstimmenden Rechtsansicht sowohl der Klägerin als auch der Beklagten).

Was lernen wir daraus?

Gemäß dieser Entscheidung des OLG Naumburg muss ein Planungsbüro einem öffentlichen Auftraggeber Schadensersatz leisten, wenn es mit der Erbringung sämtlicher Grundleistungen der Leistungsphasen 6 "Vorbereitung der Vergabe" und 7 "Mitwirkung bei der Vergabe" des Leistungsbilds des § 34 HOAI vertraglich verpflichtet hat und Vergabeverstöße begeht. Der aus den Pflichtverletzungen des Planungsbüros resultierende Vermögensschaden der Kommune besteht hierbei in dem Betrag der auf die Bauleistungen entfallenden und zurückgeforderten Fördermittel. Möchten Planer eine solche Inanspruchnahme vermeiden, muss schon bei Abschluss des Ingenieurvertrags ein nur eingeschränkter Leistungsumfang klar definiert werden.