Die Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch eines Auftragnehmers beschäftigen die Gerichte immer wieder. Die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs setzt unter anderem eine prüfbare Schlussrechnung voraus. Dass deren objektive Prüffähigkeit zu einer Verjährungsfalle für den Auftragnehmer führen kann, zeigt eine kürzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.03.2023 – 21 U 52/22).
Zurückweisung der Schlussrechnung
Ein Auftragnehmer schloss mit dem Auftraggeber (AG) einen Vertrag über die Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten, in welchen die Parteien die VOB/B wirksam mit einbezogen. Der Auftraggeber nahm die Arbeiten nach Fertigstellung am 23.09.2016 ab. Der Auftragnehmer stellte daraufhin am 1.11.2016 seine Schlussrechnung, mit welcher er gegenüber dem AG offenen Restwerklohn geltend machte. Das vom Auftraggeber mit der Bauüberwachung beauftragte Ingenieurbüro hielt die Abrechnung für unprüfbar und wies die Schlussrechnung mit Schreiben vom 3.11.2016 zurück. Als Reaktion übersandte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung nebst Aufmaßunterlagen am 7.11.2016 erneut und wies auf die Überprüfbarkeit und Fälligkeit der Zahlung am 3.12.2016 hin. Das Ingenieurbüro wies die Rechnung ein zweites Mal als nicht prüfbar zurück und begründete dies mit dem Fehlen von Nachweisen für Zuschläge und Leistungen außerhalb regulärer Arbeitszeiten sowie fehlenden Preisermittlungsgrundlagen für alle Nachträge.
Ein halbes Jahr später mahnte der Auftragnehmer erneut den ausstehende Restwerklohn an, wobei er die Bautagesberichte zu den Stundenlohnarbeiten als Kalkulationsnachweise beifügte. Da der Auftraggeber hierauf nicht reagierte, verklagte ihn der Auftragnehmer im Jahr 2020 auf Zahlung des offenen Restwerklohns. Der Beklagte berief sich auf die Verjährung des Anspruchs, da der offene Restwerklohn bereits 2016 fällig geworden und mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt sei.
Zeitpunkt der Prüffähigkeit für Verjährungsbeginn entscheidend
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied zugunsten des beklagten Auftraggebers. Das Gericht befand, dass der Restvergütungsanspruch nach Abnahme und Schlussrechnungsstellung im Jahr 2016 fällig geworden und damit mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt sei. Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung des Gerichts war die Frage, wann die Schlussrechnung prüfbar war. Denn der Restwerklohn wird erst fällig, wenn eine prüfbare Schlussrechnung gestellt worden ist. Diese setzt dann wiederum die Verjährung in Gang.
Anforderungen an die Prüffähigkeit
Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung richtet sich - da in diesem Fall die VOB/B wirksam vereinbart worden war - nach den normierten Prüffähigkeitskriterien (§§ 14 und 15 VOB/B). Die Schlussrechnung ist prüfbar, wenn sie die nach dem Vertrag objektiv unverzichtbare Angaben enthält, um die sachliche und rechnerische Überprüfung des Werklohns zu ermöglichen. Nur eine nicht prüffähige Schlussrechnung kann vom Auftraggeber innerhalb der Frist des § 16 Abs. 3 VOB/B zurückgewiesen werden. Die Schlussrechnung ist nicht allein nach objektiven Kriterien zu bewerten, sondern auch nach dem Informationsbedarf des jeweiligen Auftraggebers. Soweit sie jedoch alle wichtigen Angaben enthält, gilt sie für jedermann als grundsätzlich prüfbar. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Die Prüffähigkeit ist allerdings dann keine Fälligkeitsvoraussetzung, wenn die Schlussrechnung vom Auftraggeber trotz objektiv nicht gegebener Prüffähigkeit tatsächlich doch geprüft wird. Entscheidend für die Fälligkeit und damit den Beginn der Verjährung ist dann allein der Zeitpunkt der tatsächlichen Prüfung.
Für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung im vorliegenden Fall spricht nach der Ansicht des OLG, dass diese durch einen vom Auftraggeber beauftragten Fachmann (Ingenieur) geprüft worden sei. Denn dann seien aus Sicht des Gerichts Nachtragskalkulationen für die Prüfung nicht erforderlich. Die Nachträge könnten vom beauftragten Fachmann allein aufgrund der bestehenden Sachkunde und der grundsätzlichen Angemessenheit der Preisbildung beurteilt werden. Die fehlenden Nachweise für abgerechnete Zuschläge würden die Prüffähigkeit nicht ausschließen, da die Schlussrechnung eben vom beauftragten Ingenieurbüro des Auftraggebers ohne Vorlage der Nachweise geprüft worden sei.
Verjährungsfalle
Die objektive Prüffähigkeit der Schlussrechnung hat dazu geführt, dass auch die Zurückweisung der Rechnung durch den Auftraggeber ins Leere lief – hier allerdings nicht zum Nachteil des Auftraggebers. Beide Voraussetzungen für die Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung - die Abnahme und die prüfbare Schlussrechnung - lagen somit vor, sodass nach Ablauf der Prüffrist die Verjährung mit dem Ende des Jahres 2016 zu laufen begann. Damit war die Forderung mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt und für den Auftragnehmer mit der im Jahr 2020 erhobenen Klage nicht mehr durchsetzbar.
Für den Auftragnehmer ist daher im Zusammenhang mit der Restwerklohnvergütung immer auch die Regelverjährung von drei Jahren zu beachten, selbst dann, wenn der Auftraggeber die Schlussrechnung als unprüfbar zurückweisen sollte. Denn wird die objektive Prüffähigkeit der Schlussrechnung erst wesentlich später festgestellt, könnten die damit bereits eingetretene Fälligkeit und der Beginn der Verjährungsfrist den Auftragnehmer um seinen Zahlungsanspruch bringen. Für die Praxis ist zudem die Annahme des OLG Frankfurt problematisch, dass es auf einzelne Nachtragskalkulationen nicht ankommt, wenn ein vom Auftraggeber beauftragter Fachmann die Kosten beurteilt. Denn Prüfbarkeit der Schlussrechnung folgt aus der Urkalkulation oder den tatsächlich erforderlichen Kosten. Sind diese dem Auftraggeber nicht bekannt, sind entsprechende Nachweise für die Prüfbarkeit notwendig.