Die Tücken der Hinweisbekanntmachung

15.11.2021

„Stellungnahmen können schriftlich oder zur Niederschrift bei der Gemeindeverwaltung abgegeben werden.“ So oder so ähnlich heißt es regelmäßig, wenn die förmliche Offenlage eines Bebauungsplanentwurfs ortsüblich bekannt gemacht wird. Aber ist das angesichts weitverbreiteter E-Mail-Korrespondenz noch zeitgemäß? Darüber hatte jüngst das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 07.06.2021 – 4 BN 50/20 –).

Information der Öffentlichkeit

Die Entwürfe von Bebauungsplänen müssen für die Dauer von einem Monat öffentlich ausgelegt werden. Die Öffentlichkeit muss Gelegenheit erhalten, sich zu informieren und Stellung zu nehmen. Um das zu gewährleisten, muss die Gemeinde den Zeitraum der Offenlage und die Möglichkeit zur Stellungnahme öffentlich bekannt machen. Dies regelt § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Fehler, die der Gemeinde bei dieser Bekanntmachung und der anschließenden Offenlage unterlaufen, kommen sie teuer zu stehen: Solche Fehler haben die Unwirksamkeit des ganzen Bebauungsplans zur Folge, wenn die Fehler innerhalb einer Jahresfrist gegenüber der Gemeinde gerügt werden. Da wundert es kaum, dass sich Betroffene, die gegen einen Bebauungsplan klagen (sogenanntes Normenkontrollverfahren), fast immer auf derartige Verfahrensfehler berufen. Denn schließlich ist das eine vergleichbar einfache und wirksame Art, den unliebsamen Bebauungsplan zu Fall zu bringen.

Antragsteller monieren Formulierung

Die Gemeinde hatte bei der öffentlichen Bekanntmachung der Offenlage eines Bebauungsplanentwurfs eine weitverbreitete Formulierung verwendet: „Stellungnahmen können während der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde vorgebracht werden.“ Die Antragsteller monierten daran, dass die Formulierung den Eindruck erwecke, dass man nur mit einem eigenhändig unterschriebenen Brief (oder eben mündlich zur Niederschrift) zum Entwurf des Bebauungsplans Stellung nehmen kann. Tatsächlich könne man aber auch formlos, insbesondere per E-Mail, Stellung nehmen. Die Antragsteller argumentierten, manch einer könnte durch die Formulierung davon abgehalten worden sein, einfach per E-Mail zum Bebauungsplan Stellung zu nehmen.

Entscheidung des BVerwG

Das Bundesverwaltungsgericht teilte diese Bedenken nicht. Die Bekanntmachung müsse zwar so formuliert sein, dass Betroffene nicht davon abgehalten werden, sich am Verfahren zu beteiligen. Sie darf aus diesem Grund gegenüber dem Wortlaut von § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB keine Zusätze enthalten, die geeignet sein könnten, auch nur einzelne Betroffene davon abzuhalten, eine Stellungnahme einzureichen. Die gewählte Formulierung „schriftlich oder zur Niederschrift“ sei in dieser Hinsicht aber unschädlich. Das Bundesverwaltungsgericht stellte dabei maßgeblich darauf ab, dass „schriftlich“ in diesem Zusammenhang alltagssprachlich zu verstehen sei. Damit sei gemeint, dass die Stellungnahme in Textform abgegeben werden muss, wenn nicht von der anderen Möglichkeit (“zur Niederschrift“) Gebrauch gemacht wird. Dieses Verständnis schließe auch beispielsweise eine Stellungnahme per E-Mail ein. Ein besonderer Hinweis auf die Möglichkeit, auch per einfacher E-Mail Stellung zu nehmen, sei nicht erforderlich.

Exakt am Wortlaut der Vorschrift orientieren

Die Gemeinde ist immer gut beraten, sich exakt am Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu orientieren. Zusätze sind, obwohl meist gut gemeint, gefährlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich immerhin bei der gängigen Formulierung „schriftlich oder zur Niederschrift“ großzügig gezeigt. Andere Gerichte, wie zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht Münster, sahen das in der jüngeren Vergangenheit anders! Das Bundesverwaltungsgericht hat nun für Klarheit gesorgt. Zeitgemäß und bürgerfreundlich wäre es natürlich, in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass die Stellungnahmen selbstverständlich auch per einfacher E-Mail abgegeben werden können.