Vergütungspflicht auch ohne schriftliche Beauftragung

15.11.2021

Ordnet der Auftraggeber nachträglich eine Leistungsänderung an oder verlangt die Ausführung einer zusätzlichen Leistung, so hat er diese Werkleistung auch dann zu vergüten, wenn entgegen der vertraglichen Vereinbarung keine schriftliche Beauftragung erfolgt.   

Entscheidungsgrundlage  

Das Oberlandesgericht (OLG) München (Urt. v. 21.07.2021, Az. 20 U 5268/20) hatte über die Frage zu entscheiden, ob dem Auftragnehmer, der mit Metallbauarbeiten beauftragt war, ein Anspruch auf Mehrvergütung für die zusätzliche Verarbeitung von breiteren Profilen und Wetterblechen zustehtDer Auftraggeber hatte mündlich lediglich angeordnet, die Außendämmung zu verstärken. Er vertrat die Ansicht, dass er weder konkret breitere Profile und Wetterbleche bestellt habe, noch ein Vergütungsanspruch bestehe, da der zugrunde liegende Vertrag eine schriftliche Beauftragung vorsehe.  

Es stellte sich also zum einen die Frage, ob ein Auftrag zu der konkreten Werkleistung überhaupt vorlag und zum anderen, ob ein Vergütungsanspruch trotz des vertraglichen Ausschlusses in Betracht kommt.  

Rechtliche Grundlagen 

Wie § 2 Abs. 5, Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B zeigt, kommt es nicht darauf an, ob ein Auftrag zur konkreten Werkleistung vorliegt, da diese Vorschrift dem Auftragnehmer selbst dann einen Vergütungsanspruch zuspricht, wenn kein Auftrag erteilt wurde. Es ist ausreichendwenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. 

Dieser Vergütungsanspruch ist lediglich dann nach § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B ausgeschlossen, wenn der Auftragnehmer eigenmächtigabweichend vom vorliegenden Auftrag, Leistungen durchführt, die offensichtlich nicht notwendig waren, um den Vertrag zu erfüllen.  

Das maßgebliche Kriterium bei der Frage, ob ein Vergütungsanspruch besteht, ist daher nicht, ob ein Auftrag besteht, sondern ob die Leistungen notwendig sind. Diese ist im Übrigen immer dann anzunehmen, wenn Leistungen erbracht werden müssen, um den Vertrag zu erfüllen und Voraussetzung dafür sind, dem Auftragnehmer den geschuldeten Erfolg zu erbringen .  

Entscheidung des Gerichts 

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Verarbeitung der breiteren Profile und Wetterbleche für die Umsetzung des nachträglichen Leistungsauftrags, namentlich der stärkeren Außendämmung, zwingend erforderlich waren. Es sprach dem Auftragnehmer daher auf Grundlage von § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B den Vergütungsanspruch zu.  

Es stellte sich jedoch zudem die Frage, ob die vertraglich vereinbarte Klausel, nach der eine Vergütung nur auf schriftlich erteilte Aufträge entfallen soll, dem entgegenstehtIm Einklang mit der mehrfach bestätigten Rechtsprechung des 7. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 27.11.2003, Az. VII ZR 53/03) erkannte das Gericht in dieser Vereinbarung jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers und entschied infolgedessen, dass diese Klausel unwirksam ist. Der Auftrag hätte also nicht schriftlich erteilt werden müssen, um den Vergütungsanspruch zu begründen. 

Fazit 

Eine vertragliche Verpflichtung zu schriftlichen Nachtragsaufträgen ist nicht geeignet, dem Auftraggeber eine Kostensicherheit zu bieten und ihn vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Vielmehr bringen nachträgliche Aufträge das Risiko von unvorhergesehenen Mehrkosten mit sich, da sämtliche Kosten zu erstatten sind, die adäquat-kausal auf die Anordnung des Auftraggebers zurückzuführen sind. 

Bevor Aufträge zu Änderungs- oder Zusatzleistungen erteilt werden, sollten die Parteien daher stets eine Vereinbarung über den Inhalt der Leistung und die Vergütung treffen, um Kostenklarheit zu erreichen und eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden.