Rund 57 % der 2022 in Deutschland neu gebauten Wohngebäude heizen mit Wärmepumpen. Neben dem klassischen Heizungskeller bietet sich für viele Bauherren eine Aufstellung der Wärmepumpe im Außenbereich – häufig direkt an der Grundstücksgrenze – an. Dass dies aufgrund der von der Wärmepumpe ausgehenden Lärmimmissionen jedoch nicht immer möglich ist, verdeutlicht eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Hamburg.
Rechtliche Ausgangssituation
Vor rund einem Jahr wurden in der Hessischen Bauordnung (HBO) kleinere Wärmepumpen ausdrücklich von der Abstandspflicht zur Nachbarsgrenze ausgenommen (siehe auch unseren Beitrag vom März 2023). Damit liegt bei der Errichtung von Wärmepumpen an der Grundstücksgrenze in der Regel kein Verstoß gegen die Abstandsflächenpflicht vor. Ein Verstoß von Wärmepumpen gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts kommt jedoch weiterhin hinsichtlich der von der Wärmepumpe ausgehenden Lärmimmissionen in Frage. Regelmäßig stellt sich also die Frage, ob durch die Geräuschbelästigung das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt wird. Hierzu hat nun das OVG Hamburg in einer aktuellen Entscheidung Stellung genommen.
Auch Wärmepumpen unterfallen Regelungen der TA-Lärm
Das Maß dessen, was einem Nachbarn an Immissionen zumutbar ist, richtet sich danach, welche Immissionen der Nachbar nach den Wertungen des Immissionsschutzrechts hinzunehmen hat. Der Maßstab für die Zumutbarkeitsgrenze ergibt sich damit auch für Wärmepumpen aus § 22 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift sind schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu beschränken. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen wird dabei für Geräuschimmissionen durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – der sog. TA-Lärm – konkretisiert. Diese bestimmt die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme. Für ein reines Wohngebiet bedeutet dies beispielsweise, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit Werte von tags 50 dB (A) und nachts 35 dB (A) zugrunde zu legen sind. Der maßgebliche Immissionsort, d. h. der Ort, für den die Geräuschbeurteilung vorzunehmen ist, liegt nach TA-Lärm bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raums. Zu den schutzbedürftigen Räumen zählen insbesondere Schlaf- und Wohnräume. Werden die Werte vor diesen Fenstern durch den Betrieb der Wärmepumpe auf dem Nachbargrundstück überschritten, darf die Wärmepumpe nicht errichtet bzw. In Betrieb genommen werden.
Schallberechnung des Herstellers ist nicht maßgeblich
Zur Ermittlung der Lärmimmissionen einer Wärmepumpe finden sich diverse frei zugängliche „Schallrechner“ (vgl. etwa Schallrechner des Bundesverbandes Wärmepumpe e. V.). In dem zugrundeliegenden Gerichtsverfahren stellte das OVG Hamburg hinsichtlich entsprechender Schallrechner jedoch klar, dass es für die Beurteilung der Immissionsgrenzwerte nicht maßgeblich auf die Schallberechnung des Herstellers der Wärmepumpe ankommen könne. So stelle die Schallberechnung insbesondere kein unabhängiges Sachverständigengutachten dar, zumal bereits keine Gewährleistung des Herstellers dafür übernommen werde, dass die Werte und Angaben in jeder Hinsicht vollständig, genau, richtig und aktuell seien.
Fazit
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass Wärmepumpen nach derzeitiger Rechtslage keine „Lärmprivilegierung“ erhalten. Somit ist stets einzelfallbezogen zu prüfen, ob die Lärmgrenzen der TA-Lärm noch eingehalten werden. In den meisten Fällen wird dies ausschließlich durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten zu belegen sein. Nicht relevant ist dabei, ob die Wärmepumpe einer Baugenehmigung bedarf, etwa weil sie im Zusammenhang mit dem Wohnhaus errichtet wird. Auch genehmigungsfreie Vorhaben müssen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften einhalten.