Der Verwertungserlös bleibt bei Einheitspreisanpassung unberücksichtigt

15.12.2021

Wenn die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistungen deutlich hinter dem vereinbarten Mengensatz zurückbleibt, muss beim VOB/B-Vertrag in der Regel ein neuer Einheitspreis gebildet werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in diesem Zusammenhang nun fest, dass der Verwertungserlös bei der Bildung des neuen Einheitspreises unberücksichtigt bleibt.

Sachverhalt

Der BGH (Urt. v. 10.06.2021, Az. VII ZR 157/20) hatte über die Klage eines Auftragnehmers zu entscheiden, der durch einen öffentlichen Auftraggeber mit Baumfällarbeiten beauftragt worden war. Neben dem Einheitspreis wurde vereinbart, dass dem Auftragnehmer das bei den Arbeiten entstandene Holz zur Verwertung zukommen solle. Der Auftragnehmer rechnete ausweislich seiner offengelegten Urkalkulation mit einem Verwertungserlös in Höhe von 45 Euro pro Baum. Nachdem auf dem Flurstück jedoch nur circa ein Viertel der im Leistungsverzeichnis vereinbarten Bäume zu finden waren, verlangte er eine Anpassung des Einheitspreises für die entgangenen Verwertungserlöse. Jedoch ohne Erfolg.

Bildung eines neuen Einheitspreises

Grundsätzlich ist nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge zu erhöhen, wenn die vereinbarte Menge um mehr als 10 % unterschritten wird. Durch diese Vergütungsregelung soll dem Risiko Rechnung getragen werden, dass die Mengenschätzung zum Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau ist. Schließlich können die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle oftmals noch nicht vollständig berücksichtigt werden. Die Erhöhung des Einheitspreises soll dann im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch die Verteilung der Baustelleneinrichtung- und Baustellengemeinkosten und der allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt.

Verwertungserlös ist kein Preisbestandteil

Bezugsgröße für die Bildung des neuen Einheitspreises sollen die Faktoren sein, die für die Bildung des ursprünglichen Einheitspreises maßgeblich waren. Der BGH entschied, dass der prognostizierte Verwertungserlös in Höhe von 45 Euro pro Baum kein Bestandteil des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises war. Denn aus der Urkalkulation wurde ersichtlich, dass der Auftragnehmer lediglich 0,12 Euro für die Fällung eines Baumes einschließlich dessen Verwertung ohne Berücksichtigung des Verwertungserlöses angeboten hatte. Der Auftraggeber konnte daher davon ausgehen, dass die weitere Erlöserwartung auf den angebotenen Einheitspreis keinen Einfluss hatte.

Faktoren der Preisbildung festlegen

Bei der Vertragsgestaltung sollte daher frühzeitig festgelegt werden, welche Faktoren für die Preisbildung maßgeblich sein sollen, damit diese bei einer möglichen Neubildung des Einheitspreises für beide Parteien offenkundig sind. So ist beispielsweise auch zu vereinbaren, ob der Mengenansatz der Positionen in Quadratmeterzahlen oder in Stückzahlen maßgeblich sein soll. Denn wenn sich die Stückzahl der Bäume drastisch verringert, aber die vereinbarte Quadratmeterzahl gleich bleibt, dann kann mangels Unterschreitung des Mengenansatzes auf die Vergütungsregel von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B gar nicht erst zurückgegriffen werden. Dies hat dann wie in diesem Fall zur Folge, dass der ursprünglich vereinbarte Einheitspreis gilt.