Architekten dürfen keine Rechtsberatung erbringen

15.02.2024

Der Bundesgerichtshof entschied Ende des vergangenen Jahres (Urteil v. 09.11.2023 - VII ZR 190/22), dass ein Architekt, der im Auftrag des Bauherrn einen Bauvertrag entwirft, damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt. Dies führt dazu, dass die zwischen dem Architekten und dem Bauherrn geschlossene Vereinbarung nichtig ist. Die Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Architekten schließt allerdings nicht dessen Haftung aus.

Unwirksame Skontoklausel

Dem Bundesgerichtshof (BGH) lag die Revision eines Bauherrn zur Entscheidung vor, der seinen Architekten mit dem Neubau eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes gemäß den Leistungsphasen 1 bis 8 der HOAI beauftragt hatte. Neben den Planungsleistungen erstellte der Architekt vereinbarungsgemäß auch einen Bauvertragsentwurf, der eine Skontoklausel über einen 3%-igen Abzug vorsah und später auch gegenüber mehreren ausführenden Bauunternehmen zum Einsatz kam. Als der Bauherr dann von seinem Abzugsrecht gegenüber den ausführenden Unternehmen Gebrauch machen wollte, stellte sich die Unwirksamkeit der Skontoklausel heraus. Sodann wandte sich der Bauherr an den Architekten und verklagte diesen auf Schadensersatz.

Erlaubte Rechtsdienstleistung?

Der BGH hatte zunächst über die Frage zu entscheiden, ob die Verpflichtung des Architekten, einen Bauvertrag zu formulieren - insbesondere hinsichtlich der Skontoklausel - vom Berufsbild des Architekten erfasst ist. Dafür stellte der Gerichtshof zunächst heraus, dass das Tätigkeitsbild des Architekten wesentlich von der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen geprägt sei und auch in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen aufzeige. Eine allgemeine Rechtsberatung gehe jedoch über die Aufgaben des Architekten hinaus, da dieser nicht als Rechtsberater des Bauherrn zu sehen sei, so der Gerichtshof. Zu begründen sei dies insbesondere mit der insoweit fehlenden hinreichenden juristischen Qualifikation der Architekten. Zudem sei dies mit dem Zweck das Rechtsdienstleistungsgesetzes - dem Schutz des Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat - nicht zu vereinbaren.

Was bedeutet das für den Bauherrn?

Die Bewertung der Vertragserstellung als unerlaubte Rechtsdienstleistung führt zur Nichtigkeit der zwischen dem Architekten und dem Bauherrn getroffenen Vereinbarung. Der Bauherr kann seine Ansprüche daher nicht auf vertragliche Pflichtverletzungen stützen, da das dafür zugrunde liegende Rechtsverhältnis aufgrund des nichtigen Inhalts gerade keine Wirksamkeit entfaltet. Doch das Gesetz lässt den Bauherrn nicht im Regen stehen: Nach Auffassung des Gerichtshofs bleibt dem Bauherrn im Fall der Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung zumindest die Möglichkeit, den Schadenersatzanspruch auf gesetzliche Grundlagen zu stützen (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 oder § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 RDG). Somit steht dem Bauherrn selbst im Fall der Unwirksamkeit der Architektenvereinbarung weiterhin die Möglichkeit offen, die Ansprüche, die ihm aufgrund der unzureichenden rechtlichen Beratung entstanden sind, gegenüber dem Architekten geltend zu machen.

Praxishinweis

Das Urteil des BGH dürfte tiefgreifende Auswirkungen auf die Auslegung von Architektenverträgen haben. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob auch die Prüfung von Nachträgen oder die Bewertung von Mängeln bereits unerlaubte Rechtdienstleistungen darstellen, die in der Folge die teilweise Nichtigkeit der Architektenverträge bewirkt. Die Grenzen zwischen den erlaubten und den unerlaubten Rechtsdienstleistungen, die durch Architekten erbracht werden dürfen, sind fließend. Feststehen dürfte jedoch, dass Rechtsdienstleistungen durch Architekten stets nur in einem sehr eingeschränkten Umfang erbracht werden dürfen. Die Entscheidung des BGH stellt zudem klar, dass der Architekt sowohl im Fall der erlaubten als auch der unerlaubten Rechtsdienstleistung haftet.