Verfahrenserleichterungen beim Repowering von Windkraftanlagen

15.02.2022

Das Repowering von Windkraftanlagen nimmt an Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die gewünschte Energiewende, zu. Der Gesetzgeber hat mit § 16b BImSchG hierfür nun Verfahrenserleichterungen vorgesehen, um den Ersatz alter Windkraftanlagen durch neue, leistungsfähigere Anlagen zu beschleunigen.

Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/2001

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) wurde mit Wirkung vom 30.08.2021 um den neuen § 16b BImSchG ergänzt. Die Regelung dient auch der Umsetzung der Vorgaben der EU-Richtlinie 2018/2001 vom 11.12.2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Die Vorschrift findet Anwendung auf die Modernisierung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. Sie ist damit nicht auf Windenergieanlagen beschränkt, wenngleich dies derzeit der Anwendungsschwerpunkt sein dürfte.

Anwendungsbereich der Vorschrift

§ 16b Abs. 1 Satz 1 BImSchG enthält zunächst eine Definition für den Begriff des Repowering. Dort wird insbesondere klargestellt, dass die Vorschrift auch den vollständigen Austausch einer vorhandenen Anlage durch eine neue Anlage erfasst. Das gilt allerdings nur dann, wenn die neue Anlage innerhalb von 24 Monaten nach dem Rückbau der Bestandsanlage errichtet und der Abstand der Standorte von Bestandsanlage und neuer Anlage höchstens das Zweifache der Gesamthöhe der neuen Anlage beträgt.

Delta-Betrachtung maßgeblich

Für das bei einem solchen „Anlagentausch“ erforderliche Änderungsgenehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz beinhaltet die Vorschrift Verfahrenserleichterungen. Dazu gehört insbesondere die sogenannte Delta-Betrachtung beim Repowering. Geprüft werden dabei nur nachteilige Auswirkungen, die das Repowering-Vorhaben über die schon bestehenden Auswirkungen der Altanlage hinaus auslösen kann. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei bereits vorhandenen Anlagenstandorten einzelne Zulässigkeitsfragen bereits für die Bestandsanlage geklärt sind. Mit anderen Worten: Es findet eine Vergleichsbetrachtung zwischen der Bestandsanlage und der Austauschanlage statt. Nur sofern sich hier ein „Delta“ ergibt, bedarf es einer Prüfung.

Lärmimmissionsrichtwerte können überschritten werden

Hinsichtlich der bei Windenergieanlagen besonders relevanten Schallemissionen wird § 16b Abs. 3 BImSchG noch deutlicher. Danach darf eine Änderungsgenehmigung nicht stets versagt werden, wenn nach der Modernisierung nicht alle Immissionsrichtwerte der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) eingehalten werden. Es reicht aus, wenn gleichzeitig der Immissionsbeitrag der Windenergieanlagen nach der Modernisierung niedriger ist als der Immissionsbeitrag der Bestandsanlage und die neue Anlage dem Stand der Technik entspricht. Verbessert sich also durch den Anlagentausch die Immissionssituation insgesamt, dürfen im Einzelfall die Immissionsrichtwerte durchaus überschritten werden.

Vollprüfung beim Artenschutz bleibt bestehen

Keine Verfahrenserleichterungen ergeben sich hinsichtlich des Artenschutzes und insbesondere im Hinblick auf das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Insofern ist weiterhin eine Vollprüfung vorzunehmen (§ 16b Abs. 4 Satz 1 BImSchG). Eine weitere Verfahrenserleichterung besteht schließlich in der Möglichkeit des Verzichts auf den Erörterungstermin (§ 16b Abs. 6 BImSchG).

Offene Fragen

Die neue Vorschrift bietet keine Lösungen für die bauplanungsrechtlichen Probleme des Repowering. Beruht die Genehmigung der Bestandsanlagen zum Beispiel auf älteren Bauleitplänen mit Höhenbegrenzungen, müssen diese Bauleitpläne geändert werden, wenn die neuen Anlagen – was regelmäßig der Fall ist – höher ausfallen. Keine Erleichterungen gewährt die Neuregelung für das standortverlagernde Repowering, also den Rückbau der Bestandsanlagen und die Errichtung von Neuanlagen in einer größeren Entfernung vom bisherigen Windpark. Der neue § 16b BImSchG stellt damit lediglich einen ersten Schritt hin zu weiteren Erleichterungen beim Ausbau der Windkraft dar. Sollen die ambitionierten Klimaschutzziele erreicht werden, wird es damit nicht sein Bewenden haben können. Insofern bleibt gespannt abzuwarten, in welcher Art und Weise die neue Bundesregierung die angekündigte Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien umsetzt.