Städte und Gemeinden können mit der Ausübung ihres Vorkaufsrechts die geordnete städtebauliche Entwicklung sichern. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Verwaltungsakt. Mit der Frage, ob damit auch gleichermaßen der Kaufpreis festgesetzt werden kann, beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht in einer aktuellen Entscheidung (BVerwG, Beschluss vom 09.11.2023 – 4 C 2.22).
Sachverhalt
Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin eines ca. 8000 m² großen Grundstücks, das sich im Wesentlichen in zwei annähernd gleichgroße Flächen aufgliedert. Der Westteil des Grundstücks wird als Ausbildungsstätte des Bundesfreiwilligendienstes genutzt und ist umfangreich bebaut. Der Ostteil des Grundstücks ist hingegen bis auf zwei Fertiggaragen unbebaut und wird als Sportplatz genutzt. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich einer Vorkaufssatzung der Gemeinde gemäß § 25 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BauGB. Mit der Satzung bezweckt die Gemeinde, das in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof gelegene Areal städtebaulich aufzuwerten.
Die Klägerin zu 1 schloss mit dem Kläger zu 2 einen Kaufvertrag über das gesamte Areal zu einem Gesamtkaufpreis von über 2 Millionen Euro. Eine Abschrift des Kaufvertrags ging der Gemeinde zu. Mit Bescheid erklärte die Gemeinde sodann, dass sie ihr Vorkaufsrecht für den Ostteil des Grundstücks zum Verkehrswert von 169.084 Euro ausübt. Für die Fertiggaragen setzte die Gemeinde eine weitere Entschädigung fest. Die Klägerin zu 2 erhielt eine Abschrift des Bescheides.
Die Kläger legten zuerst Widerspruch ein und erhoben anschließend Klage gegen den Bescheid. Das Verwaltungsgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Auf die Berufung der Gemeinde änderte das Oberverwaltungsgericht (OVG) das Urteil ab. Es hob den angefochtenen Bescheid nur hinsichtlich der Festsetzung des Kaufpreises auf. Die Ausübung des Vorkaufsrechts als solches beanstandete das OVG hingegen nicht.
Mit ihrer Revision möchten die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen und somit die Aufhebung des Ausübungsbescheids der Gemeinde.
Entscheidung
Das BVerwG weist die Revision zurück. Von der in § 28 Abs.2 BauGB erteilten Befugnis der Gemeinde, das Vorkaufsrecht mittels Verwaltungsakts auszuüben, ist nicht die Festsetzung eines Kaufpreises umfasst.
Begründung im Wege der Auslegung
Der Kaufvertrag zwischen der Gemeinde und dem Verkäufer kommt grundsätzlich unter den Bestimmungen zustande, die der Verkäufer mit dem ursprünglichen Vertragspartner vereinbart hat. Dieser Grundsatz wird bei einem Vorkaufsrecht über ein Grundstücksteil durchbrochen, da ein Teilkaufpreis vereinbart wird, der sich aus § 467 Satz 1 BGB unter der Berücksichtigung der Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 23.06.2006 – Az.: V ZR 17/06) ergibt.
Mit § 28 Abs. 2 BauGB wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass das Vorkaufsrecht öffentlich-rechtlich und nicht privatrechtlich ausgeübt wird. Dem Gesetz ist dagegen nicht zu entnehmen, dass der Kaufpreis hoheitlich festgesetzt werden soll. Dies ist auch nicht erforderlich, denn der Kaufpreis kann auf privatrechtlicher Ebene vereinbart werden. Es liegt auch kein Fall nach § 28 Abs. 3 und 4 BauGB, den sogenannten preislimitierenden Vorkaufsrechten, vor. Hierbei wird die Befugnis der Gemeinde, den Kaufpreis festzusetzen, ausdrücklich gesetzlich angeordnet.
Verdeutlicht wird diese Unterscheidung mit § 217 Abs.1 Satz 1 BauGB. Denn die Vorschrift zählt abschließend die Vorkaufsrechte auf, die durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Landgerichts angefochten werden können. Die zivilgerichtliche Kontrolle beinhaltet die Preis- und Wertbestimmung. Der vorliegende Fall gemäß § 28 Abs.2 BauGB ist nicht aufgezählt, sodass die Kontrolle in diesem Fall dem Verwaltungsgericht obliegt. Würde von der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ebenso der Kaufpreis umfasst sein, würde der Rechtsweg gegen den Willen des Gesetzgebers aufgespalten werden. Die Kaufpreisbestimmung darf daher vom Anwendungsbereich nach § 28 Abs.2 BauGB nicht umfasst sein.
Fazit
Die Entscheidung verdeutlicht die Grundsätze der Vorkaufsrechte der Gemeinde. Die Gemeinde hat sorgfältig zu prüfen, welchen Fall des Vorkaufsrechts sie ausübt. Im Anwendungsbereich des § 28 Abs.2 BauGB darf sie nicht den (Teil-) Kaufpreis festsetzen. Dieser wird zivilrechtlich mit dem Vertragspartner vereinbart.