Aktuelle Rechtsprechung zum Einbau von Funkwasserzählern

16.09.2024

Das Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt hatte kürzlich im Rahmen eines Eilverfahrens zu entscheiden, ob ein berechtigtes Interesse am Sofortvollzug einer Duldungsanordnung besteht, um Zutritt für einen Zählertausch zu gewähren. Zugunsten des öffentlichen Wasserversorgers überwiegte nach Ansicht der Kammer das Vollzugsinteresse.

Sachverhalt

Die Antragssteller, die sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen die für sofortig vollziehbar erklärten Duldungsanordnungen des Antragsgegners wandten, lehnen einen Austausch ihrer mittlerweile veralteten mechanischen Wasserzähler ab. Beide Geräte hatten die Eichfrist zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits längst überschritten. Nach Ansicht des Antragsgegner ist hierdurch die Messgenauigkeit der Zähler und in der Folge die ordnungsgemäße Gebührenbemessung nicht mehr gewährleistet. Der Wasserversorger hatte in der Vergangenheit seine Satzung geändert und im Versorgungsgebiet auf Funkwasserzähler umgestellt. Der Austausch des mechanischen Zählers durch ein Funkmessgerät lehnten beide Antragssteller ab. Um dennoch den erforderlichen Zählerwechsel vornehmen zu können, erließ der Antragsgegner in beiden Fällen eine Duldungsanordnung, nach welcher die Antragssteller den Zutritt zu den Räumlichkeiten und den Wechsel der veralteten Wasserzähler zu dulden hatten. Aufgrund der im konkreten Fall dargelegten Eilbedürftigkeit erklärte der Wasserversorger diese Anordnung für sofortig vollziehbar. Diese Anordnung ermöglichte es den Antragsstellern, in den Eilrechtsschutz zu gehen.

Eilbedürftigkeit der nicht offensichtlich rechtswidrigen Bescheide

Die Kammer ist der Auffassung, dass die Eilbedürftigkeit der Duldungsanordnung gegeben ist und das Vollzugsinteresse des Antragsgegners nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung überwiegt. Die Duldungsverfügungen sind nach Auffassung des Gerichts offensichtlich rechtmäßig, weshalb der im Übrigen bereits unzulässige Antrag abgelehnt wurde.

Kein Verstoß gegen die DSGVO

Die Ansicht der Antragssteller, der Einbau und die Verwendung von Funkwasserzählern stelle einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dar, teilt das Gericht indes nicht. Während nach Auffassung der Kammer bereits zweifelhaft ist, ob es sich bei den übermittelten Daten um „personenbezogene Daten“ im Sinne der DSGVO handelt, stellt sich darüber hinaus die Frage, ob der Einbau des Wasserzählers als „Verarbeitung“ zu sehen ist. Auch wenn einiges dafürspricht, diese Vorbereitungshandlung bereits als Datenverarbeitung zu werten, kann eine Entscheidung letztlich dahinstehen, da die Verarbeitung nach Aussage des Gerichts jedenfalls den Anforderungen des Art.6 DSGVO entspricht.

Grundsätzlich stellt Art. 6 DSGVO auf die Einwilligung des Betroffenen ab. Liegt eine solche im Einzelfall nicht vor, so kann eine Verarbeitung aufgrund des in der Regelung enthaltenen Katalogs dennoch rechtmäßig sein. Eine Verarbeitung ist demnach zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (Art. 6 UAbs. 1 e DSGVO).

Die zuständige Kammer führte aus, dass die Wasserversorgung eine zur Daseinsvorsorge gehörende Pflichtaufgabe nach dem Wasserhaushaltsgesetz darstellt. Es besteht ein öffentliches Interesse an der Aufgabenwahrnehmung. Insofern ist eine Aufgabe im öffentlichen Interesse anzunehmen.

Die Rechtsgrundlage findet sich in der Satzung

Eine entsprechende Rechtsgrundlage für die nach Art. 6 Abs. 3 DSGVO durchgeführte Verarbeitung findet sich entweder im Unionsrecht oder in dem Recht der Mitgliedsstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt. Der Verweis auf das Recht der Mitgliedsstaaten verweist insofern auf die verfassungsmäßige Ordnung und daher nicht nur auf formell gesetzliche Grundlagen, sondern vielmehr auf materielles Recht, wie beispielsweise in Form einer Satzung. Dass sich der Zweck der Verarbeitung nicht ausdrücklich aus der Satzung des Antragsgegners ergibt, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, da die Verarbeitung erforderlich ist, damit die Aufgabe erfüllt werden kann. Nach Auffassung des Gerichts besteht ein enger Zusammenhang zwischen den üblichen Aufgaben des Antragsgegners – der Versorgung mit Trinkwasser – und der Verarbeitung.

Das Gericht führte weiter aus, dass sich der konkrete Zweck bereits aus dem Umstand ergibt, dass der Wasserversorger dazu verpflichtet ist, Verbräuche zu messen und die Verluste möglichst gering zu halten. Der Eingriff für den Betroffenen ist dahingehend als gering einzustufen. Denn die verschlüsselten Daten werden nur zu bestimmten Zwecken entschlüsselt und ermöglichen keine Rückschlüsse auf die jeweilige Verwendung der entnommenen Wassermengen. Die Verwendung von Funkwasserzählern dient einer effizienten und ressourcenschonenden Erfüllung der öffentlichen Versorgung und stellt zugleich die Trinkwasserhygiene sicher, indem Unregelmäßigkeiten schnellstmöglich erkannt werden können. Diese Vorteile bietet die Verwendung von mechanischen Wasserzählern indes nicht. Auch eine Herabsetzung des Intervalls, in welchem die Daten übertragen werden, entspräche diesem Zweck nicht.

Keine Verletzung von Grundrechten

Zuletzt stellt die Verwendung der Funkmessgeräte auch keinen schweren Rechtseingriff dar. Selbst wenn man das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) heranziehen würde, wäre ein solcher Eingriff gerechtfertigt. Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ist bereits mangels entsprechender Studien nicht anzunehmen. Hinsichtlich Art. 13 - die Unverletzlichkeit der Wohnung - fehlt es bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich. Denn weder erfolgt eine heimliche Erhebung von Daten, noch werden Erkenntnisse zu Lebensgewohnheiten gewonnen. Das Gericht weist an dieser Stelle auf den Vortrag der Antragsgegner hin, dass die Verwendung der Funkmessgeräte sogar mit einem geringeren Eingriff verbunden wäre, da die Räumlichkeiten nicht mehr jährlich zur Ablesung betreten werden müssen.

Fazit

Unter anderem im Bereich der Wasserversorgung macht sich die immer weiter fortschreitende Digitalisierung stark bemerkbar. So nimmt die Zahl der Wasserversorger, die auf Funkmessgeräte umstellen, stetig zu. Das Gericht zeigt in dieser Entscheidung deutlich auf, dass die Verwendung der Messgeräte keine Verletzung von Rechtsnormen birgt. Der Beschluss wurde mit der Beschwerde angegriffen, sodass abzuwarten bleibt, wie sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu dieser Thematik äußert.