Öffentliche Auftraggeber (AG) ziehen oftmals Unternehmen zur Mitwirkung an der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens hinzu, was diese (vorbefassten) Unternehmen zu sogenannten Projektanten im Sinne von § 7 Vergabeverordnung (VgV) macht. Hat ein Bieter oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen den AG vor der Einleitung des Vergabeverfahrens beraten oder war auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt, hat der AG nach § 7 VgV angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Unternehmens nicht verzerrt wird. Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf reiche zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs nicht immer aus, alle relevanten Unterlagen offenzulegen. Vielmehr seien im konkreten Einzelfall auch die Zuschlagskriterien "neutral" zu gestalten, um Wettbewerbsvorteile zu vermeiden bzw. zu beseitigen.
Projektant als Nachunternehmer des Projektsteuerers
Der AG schrieb einen Auftrag aus über "Baustellenlogistik - Neuordnung Baufeld Infrastruktur" betreffend eine militärische Liegenschaft der Bundeswehr im Rahmen eines EU-weiten Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb. Zuschlagskriterien waren neben dem Preis mit 60 % auch die Qualität mit 40 % ("Aussagen im Angebot zur Einhaltung von Terminen und Kosten"). Dieses Qualitätskriterium war nochmals in drei weitere Unterkriterien unterteilt, wovon eines lautete: "Durchdringung des Projektinhaltes/Nennung eigener Lösungsansätze" (8 % der Gesamtbewertung). Vor Beginn der Ausschreibung hatte der AG einen Projektsteuerer mit der Vorbereitung der Leistungsausführung und der hiesigen Ausschreibung beauftragt, der wiederum den Bieter B als Nachunternehmer beauftragte, die Leistungsphasen 2-6 (konkret: Erstellung eines Baulogistikkonzepts, der Ausführungsplanung und der Mitwirkung bei der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses) zu erbringen.
Der AG stellte allen Bietern mit den Vergabeunterlagen sämtliche (Planungs-) Unterlagen und Leistungsbeschreibungen für das Projekt zur Verfügung. Neben B nahmen noch drei weitere Bieter am Vergabeverfahren teil. Nach Durchführung der Verhandlungsgespräche erhielt B für die qualitativen Unterkriterien sowie auch insgesamt die höchsten Wertungspunkte. Hierüber informierte der AG die weiteren Bieter. Bieter A, der auf dem zweiten Rang lag, rügte insbesondere den Informationsvorsprung des B gegenüber den anderen Bietern und stellte sodann Nachprüfungsantrag zur Vergabekammer, der erfolgreich war. Hiergegen legte B sofortige Beschwerde ein.
Alle Unterlagen und Informationen an die Bieter reicht nicht aus
Die sofortige Beschwerde des B hat in der Sache keinen Erfolg. Die Vergabekammer habe zu Recht einen Verstoß des AG gegen § 10 Abs. 2 der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV), der im militärischen Bereich anstatt § 7 VgV anzuwenden ist, bejaht. (Auch) nach dieser Vorschrift hat der AG, wenn ein Bieter ihn vor Einleitung eines Vergabeverfahrens (als sog. Projektant) beraten oder sonst unterstützt hat, sicherzustellen, dass der Wettbewerb dadurch nicht verfälscht wird. Die Teilnahme eines Projektanten am Vergabeverfahren könne grundsätzlich als Gefährdung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs angesehen werden, da dieser entweder bei der Abgabe seines Angebots aufgrund seines Informationsvorsprungs begünstigt sein könnte oder bei der Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens die Bedingungen für die Erteilung des Auftrags in einem für ihn günstigen Sinn beeinflussen könnte. Trotz dieser Gefahren sei die Teilnahme vorbefasster Unternehmen am Vergabeverfahren grundsätzlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wäre ein genereller Ausschluss unverhältnismäßig und EU-widrig (EuGH, Urteil vom 03.03.2005 – 021/03 und 034/03, "Fabricom"). Dem AG obliege allerdings die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters durch Information aller anderen Bieter auszugleichen, um eine Wettbewerbsverfälschung zu vermeiden. Hierbei liege es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, welche Maßnahmen er zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift. Es sei unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bewerten, ob bei einer Beteiligung des Projektanten der Grundsatz des fairen Wettbewerbs gewahrt wird.
Im vorliegenden Fall habe B den AG mittelbar (als Nachunternehmer des Projektsteuerers) beraten und unterstützt, indem er an der Erstellung wesentlicher Vergabeunterlagen beteiligt war. Der AG habe jedoch keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um den Wettbewerbsvorteil des B auszugleichen. Zwar habe der AG allen Bietern sämtliche ihm vorliegenden Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dies sei jedoch nicht genug, denn der AG habe auch die (Eignungs- und) Zuschlagskriterien so neutral zu fassen, dass aus einem etwaigen Wissensvorsprung des Projektanten keine Wertungsvorteile entstehen. Das Unterkriterium „Durchdringung des Projektinhalts und Nennung eigener Lösungsansätze“ weise diese Neutralität indes nicht auf. Da B aufgrund seiner im Vorfeld erbrachten Planungsleistungen das Projekt besser als jeder andere Bieter kenne, ermögliche dies vielmehr, dass das Angebot des B in diesem Punkt besser bewertet wird als das der anderen Bieter. Da B aufgrund seiner (übrigens dreijährigen) Vorbefassung in diesem Projekt als Nachunternehmer des vom AG beauftragten Projektsteuerers im Vorfeld der Ausschreibung die Anforderungen (und damit auch das vorgenannte Unterkriterium) besser beurteilen könne als jeder andere Bieter, habe er auch sein Angebot leichter an die Bedürfnisse des AG anpassen können als andere, vorher unbeteiligte Bieter. Somit hätten sich die dargestellten Vorteile für B bei der Wertung auch tatsächlich positiv ausgewirkt.
Praxishinweis
Der AG durfte im Ergebnis den Zuschlag an B nicht erteilen, da er dessen strukturellen Informations- und Wettbewerbsvorteil, der durch die Vorbefassung des B entstanden war, unzureichend ausgeglichen habe. Der AG hat in diesen Fällen neben der Übermittlung sämtlicher Unterlagen und Informationen an alle Bieter auch zu prüfen, ob seine Zuschlagskriterien „neutral“ genug gefasst sind, um nicht Projektanten aufgrund ihrer Wettbewerbsvorteile zu begünstigen. Die Entscheidung, welche Maßnahmen der AG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift, ist hierbei sehr herausfordernd zu nennen, um anhand der konkreten Wertungskriterien das wirtschaftlichste Angebot ermitteln zu können.