Unwirksame Abnahmeklausel führt zur Verjährung des Werklohns   

15.06.2022

In der Praxis hat sich die Justiz immer wieder mit der Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen auseinanderzusetzen. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftraggebers in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers kann für diesen kostspielige Folgen haben, auch hinsichtlich der Verjährung des Vergütungsanspruchs. Dies zeigt einmal mehr die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 11.11.2021 (Az.: 24 U 194/20).

Abnahme trotz widerwilligem Einzug?

Das Gericht hatte einen Streit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber zu klären, die auf der Grundlage der VOB/B und vom Auftragnehmer gestellter allgemeiner Geschäftsbedingungen einen Hausbauvertrag geschlossen hatten. Die Parteien hatten vereinbart, dass die Bauleistung ganz im Sinne von § 12 Abs. 4 VOB/B nach Fertigstellung und vor Einzug oder Nutzung förmlich abgenommen werden sollte. Spätestens mit letzterem sollte nach § 7 des Bauvertrages die Leistung in jedem Fall als abgenommen gelten, auch wenn keine förmliche Abnahme stattfindet. Der Auftragnehmer führte den Hausbau wie geplant durch und stellte anschließend seine Schlussrechnung. Der Auftraggeber verweigerte aufgrund einer Vielzahl von Mängeln an dem Bauwerk die förmliche Abnahme, zog jedoch notgedrungen in das Haus gegen Ende des Jahres 2014 ein. Hinsichtlich der gerügten Mängel leitete der Auftraggeber Anfang 2015 ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Der Auftragnehmer klagte im Jahr 2018 auf Zahlung der Restvergütung für den Hausbau in Höhe von ca. 53.000 Euro. Der Auftragnehmer wandte gegen den Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung ein.

Keine Berufung auf die unwirksame Abnahmeklausel

Das OLG Hamm entschied zu Gunsten des Auftraggebers. Der Restwerklohnanspruch des Auftragnehmers sei aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Bei Vereinbarung der VOB/B ist der Werklohnanspruch des Auftragnehmers mit Abnahme der Bauleistung und prüfbarer Schlussrechnungsstellung fällig. Mit der Fälligkeit beginnt die Regelverjährung des Anspruchs mit Jahresende. Das Gericht stellte fest, dass die Parteien keine förmliche Abnahme durchgeführt hatten und eine stillschweigende Abnahme nicht anzunehmen sei. Insbesondere in Bezug auf die gerügten Mängel und die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens könne nicht angenommen werden, dass der Auftragnehmer die Billigung der Leistung im Wesentlichen als vertragsgerecht durch seinen Einzug zum Ausdruck bringen wollte. Die Parteien hätten jedoch vereinbart, dass mit Einzug des Auftraggebers die Bauleistung als abgenommen gelten soll. Hiernach sei zu Gunsten des Auftraggebers von einem Beginn der Verjährung mit dem Schluss des Jahres 2014 auszugehen.

Der vom Auftragnehmer vorgebrachte Einwand, dass die Abnahmeklausel unwirksam sei und dadurch der Einzug nicht zur Abnahme führen könne, überzeugte das OLG Hamm nicht. Die Klausel sei zwar gemäß § 307 Abs. 2 BGB AGB-rechtlich unwirksam, weil sie an den Einzug die ausnahmslose und unmittelbare Fiktion der Abnahme knüpft. Dadurch würde der Auftraggeber unangemessen benachteiligt, weil der rechtsgeschäftliche Charakter der Abnahme ausgeblendet würde. Der Auftraggeber müsste auf einen Einzug in sein Haus verzichten, um der Abnahmewirkung der Bauleistung entgegenzuwirken.

Nach der Rechtsaufassung des OLG Hamm kann sich jedoch der Auftragnehmer auf die Unwirksamkeit der Abnahmeklausel nicht berufen. Die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 307 f. BGB dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders. Da der Auftragnehmer die AGB gestellt hat, muss er auch den Nachteil des § 7 des Bauvertrages tragen, wonach auch ohne eine förmliche Abnahme die Abnahme mit dem Einzug des Auftraggebers erfolgt ist (§ 12 Abs. 4 VOB/B). Somit war der Werklohnanspruch bereits 2014 fällig, und die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres 2014. Mit seiner erst 2018 erhobenen Klage kam der Auftraggeber daher zu spät.

Auftragnehmer muss Nachteile hinnehmen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) darf der Verwender aus den von ihm gestellten unwirksamen Vertragsklauseln keine Vorteile ziehen. Das Urteil des OLG Hamm schließt sich also der Rechtsprechungslinie des BGH an und spezifiziert diese auf den baurechtlichen Komplex der Abnahme. Auch innerhalb von Abnahmeklauseln darf der Verbraucher nicht unangemessen benachteiligt werden, indem ihm die Möglichkeit der Verweigerung der Abnahme aufgrund von Mängeln abgeschnitten wird. Der rechtsgeschäftliche Charakter der Abnahme, die Leistung des Auftraggebers entgegenzunehmen und als vertragsgerecht zu billigen, darf durch AGB-rechtliche Abnahmeklauseln nicht verloren gehen. Dabei müssen beide Elemente gleichrangig vorliegen. Nur der Auftraggeber kann sich dann auf die Unwirksamkeit der Vertragsklausel berufen. Der Auftragnehmer muss nach der Entscheidung des OLG die Nachteile aufgrund der unwirksamen Vertragsklausel erdulden.