Bedeutung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in der Bauleitplanung

14.10.2022

Gemeinden müssen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch den Sportlärm bedenken, der gegebenenfalls auf das Plangebiet einwirkt. Stellt die Gemeinde fest, dass im Plangebiet die Richtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) eingehalten werden, muss sie die verbleibende Lärmbeeinträchtigung trotzdem im Rahmen der Abwägung berücksichtigen. Teilweise Überschreitungen der Richtwerte können erst recht nicht einfach für unbeachtlich erklärt („weggewogen“) werden. Vielmehr ist zuvor zu prüfen, ob es Maßnahmen gibt, mit denen die Überschreitungen zumindest teilweise reduziert werden können. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10.05.2022 (4 CN 2/20) entschieden.

Gemengelage aus Wohnbebauung und Sportanlagen

Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mehrere Grundstückseigentümer wehrten sich gegen einen Bebauungsplan, der einen vorhandenen Mix (Gemengelage) aus Wohnbebauung, Freibad und Sportanlagen überplante. Der Bebauungsplan sah entsprechend der bereits existierenden Bebauung einerseits reine Wohngebiete und andererseits Sondergebiete, unter anderem für ein Freibad und eine Tennisplatzanlage, vor. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Gemeinde die Problematik des Nebeneinanders von Wohnen und Sportausübung erkannt, angesichts der bereits bestehenden Gemengelage die für maßgeblich gehaltenen Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV allerdings höher angesetzt hatte (sogenannte Zwischenwertbildung). Unter anderem sollten den Bewohnern der reinen Wohngebiete in der Nachbarschaft zum Freibad die Richtwerte eines allgemeinen und nicht die schärferen Richtwerte eines reinen Wohngebiets zugemutet werden. Der Bebauungsplan ging zwar von verschiedenen Überschreitungen der Richtwerte aus, erachtete diese aber pauschal als hinnehmbar.

Das im Rahmen des Normenkontrollverfahrens angerufene Oberverwaltungsgericht erklärte den Bebauungsplan für unwirksam, weil er den Anforderungen des Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 7 BauGB nicht gerecht wird. Die Gemeinde habe die Bedeutung der Lärmschutzbelange der Anwohner falsch bewertet, diese müssten die Überschreitungen der erhöhten Zwischenwerte nicht ohne weiteres hinnehmen. Gegen diese Entscheidung erhob die Gemeinde Revision zum BVerwG.

Zwischenwertbildung ist grundsätzlich zulässig

Das BVerwG entschied im Revisionsverfahren zunächst, dass die von der Gemeinde vorgenommene Bildung von Zwischenwerten in einer Gemengelage grundsätzlich zulässig ist. Um den Besonderheiten eines vorhandenen Nebeneinanders von Sportanlagen und schutzwürdiger Wohnbebauung hinreichend Rechnung zu tragen, müsse die konkrete Situation betrachtet werden. Sowohl die Überplanung einer Gemengelage an sich als auch die Bildung von Zwischenwerten könne aufgrund der konkreten Situation zulässig sein. Gleiches gelte grundsätzlich auch für Überschreitungen dieser Zwischenwerte.

Richtwertüberschreitungen können nicht einfach weggewogen werden

Allerdings können derartige Überschreitungen nicht einfach im Rahmen der Abwägung für unbeachtlich erklärt werden (sogenanntes „Wegwägen“). Gibt es beispielsweise – und so lag der Fall hier – für die Gemeinde naheliegende Maßnahmen wie die Errichtung von Lärmschutzwänden, muss geprüft werden, ob diese die Richtwertüberschreitungen verringern. Tun sie dies, ist zu prüfen, ob derartige Maßnahmen – unter anderem unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – festzusetzen sind. Unterbleiben diese Prüfung bzw. die Festsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen, liegt ein Abwägungsfehler vor, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt.

Zusammenfassung

Die 18. BImSchV enthält verbindliche Richtwerte. Gemeinden sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans verpflichtet, die Schutzbedürftigkeit des Einwirkungsbereichs von Sportanlagen zu ermitteln und abzuwägen. Hierbei müssen naheliegende und verhältnismäßige Möglichkeiten einer Reduzierung der Beeinträchtigung durch Sportlärm berücksichtigt werden.