OLG Schleswig: Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich des Bußgeldverfahrens durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zulässig

30.11.2017

Der Betroffene wohnt im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Im August 2016 erließ die Bußgeldbehörde des Kreises Dithmarschen gegen ihn einen Bußgeldbescheid in Höhe von 150 Euro. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, er habe ordnungswidrig im Sinne des Schulgesetzes des Landes Schleswig-Holstein gehandelt, weil er es zugelassen habe, dass sein minderjähriger Sohn an einem im Rahmen des Erdkundeunterrichts geplanten Moscheebesuch nicht teilgenommen hat. Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der Betroffene Einspruch ein. Das AG Meldorf beschäftigte sich nicht mit dem Vorwurf in der Sache, sondern stellte das Verfahren mit der Begründung ein, die Bußgeldbehörde des Kreises Dithmarschen sei zum Erlass des Bescheids nicht zuständig gewesen. Der zwischen den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Dithmarschen geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag, der die Zuständigkeit für bestimmte Ordnungswidrigkeitsverfahren auf den Kreis Dithmarschen übertrage, sei wegen Verstoßes gegen Landes- und Bundesverfassungsrecht nichtig.

Das OLG Schleswig hat auf die von der Staatsanwaltschaft erhobene Rechtsbeschwerde das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts war das Urteil des AG Meldorf aufzuheben, weil die Einstellung des Verfahrens gegen den Bußgeldbescheid zu Unrecht erfolgt ist. Der Bußgeldbescheid leide nicht an einem Fehler, der zu seiner Nichtigkeit führe. Insbesondere ergebe sich seine Nichtigkeit nicht daraus, dass es an einer Zuständigkeit des Kreises Dithmarschen als Bußgeldbehörde gefehlt hätte. Der zuständigkeitsübertragende öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Dithmarschen sei rechtswirksam. Er beruhe auf § 18 des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (GkZ). Diese Vorschrift sei eine hinreichende gesetzliche Grundlage zur Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich des Bußgeldverfahrens. Weder der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung noch dem (bundes-)verfassungsrechtlichen allgemeinen Parlamentsvorbehalt sei zu entnehmen, dass kommunale Zuständigkeitsübertragungen zwingend durch formelle Gesetze und nicht auch durch öffentlich-rechtliche Verträge vorgenommen werden könnten. § 18 GkZ verstoße auch nicht gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verlange, dass der zuständige Richter anhand abstrakt genereller Regelungen bestimmt werden könne. Damit solle die Möglichkeit unterbunden werden, die Zuständigkeit eines besonderen Richters für einen konkreten Fall zu erwirken. Dementsprechend liege ein Verstoß dann vor, wenn in willkürlicher und missbräuchlicher Weise die gerichtliche Zuständigkeit verändert werde. So sei es hier nicht. Die Verlagerung der Behördenzuständigkeit durch den Verwaltungsvertrag könne zwar mittelbar eine Veränderung der gerichtlichen Zuständigkeit zur Folge haben, dies erfolge aber weder im Einzelfall noch zu missbräuchlichen Zwecken.