VG Berlin: Polizeirecht kein Mittel zur dauerhaften Bekämpfung von Obdachlosigkeit

19.10.2017

Die Antragsteller, eine Familie mit vier minderjährigen Kindern, sind rumänische Staatsangehörige. Sie begehren ihre Unterbringung nach Maßgabe des Polizeirechts wegen ansonsten eintretender Obdachlosigkeit. Im April 2016 hatten sie vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine einstweilige Anordnung erwirkt, mit der das Bezirksamt Mitte von Berlin verpflichtet wurde, sie vorläufig für drei Monate in eine Obdachloseneinrichtung oder in eine sonstige Wohnung einzuweisen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sprach den Antragstellern im Mai 2016 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu, die sie auch aktuell beziehen. Die 23. Kammer des Gerichts wies den Eilantrag zurück, da der geltend gemachte polizeirechtliche Anspruch nicht mehr bestehe. Obdachlosigkeit stelle zwar eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, zu deren Abwendung die Ordnungsbehörden verpflichtet sein könnten. Allerdings seien ordnungspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung von Obdachlosigkeit gegenüber dem Sozialrecht nachrangig. Ein vorübergehender gefahrenabwehrrechtlicher Unterbringungsanspruch bestehe daher nur in akuten Notlagen, wenn die drohende Obdachlosigkeit nicht mit Hilfe des Sozialleistungsträgers in zumutbarer Weise und Zeit behoben werden könne. Hier sei die ordnungsbehördliche Unterbringung der Antragsteller inzwischen in ein Dauerwohnen „umgeschlagen“, das aber wegen des Vorrangs des Sozialrechts von der Obdachloseneinweisung nicht gedeckt sei. Die Antragsteller hätten sich zwischenzeitlich zumutbarer Weise um die Anmietung einer Wohnung bemühen können, dies aber nicht getan. Eine Verlängerung dieses Zustands laufe aber dem Obdachlosenrecht wegen der vorübergehenden Natur des gefahrenabwehr-rechtlichen Unterbringungsanspruchs zuwider. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.