Vergabekammer Westfalen: Kein Nachfordern von fehlenden Herstellerangaben!

02.10.2017

Zugrundeliegender Sachverhalt

Die Auftraggeberin (die spätere Antragsgegnerin) beabsichtigte die Konsolidierung und Modernisierung der sog. Tape-Library Infrastruktur und schrieb in diesem Zusammenhang IT-Hardware sowie Wartung aus. Die Vergabeunterlagen wurden hierbei ausschließlich elektronisch über den Vergabemarktplatz NRW zur Verfügung gestellt. In den Vergabeunterlagen wurde ausdrücklich auf § 56 VgV hingewiesen. Im Hinblick auf die Einzelheiten zu den geforderten Leistungen wurde vermerkt, dass diese dem Dokument „Leistungsbeschreibung und Preisblatt“ zu entnehmen seien.

Aus der Vorbemerkung dieses Dokuments ergibt sich, dass die Kennzeichnung mit dem Buchstaben „A“ ein Ausschlusskriterium definiert. Zu den Positionen 1 und 32 wurde dort Folgendes vermerkt:

 

„1

Neue Hardware

Die TapeLibrary muss das aktuellste Modell des Herstellers sein, ältere Modelle oder wieder aufbereitete Hardware wird nicht akzeptiert.

 

A

32

Garantie Hersteller- Wartung/Support für 10 Jahre ab Bestelleingang

10 Jahre Wartung und Support durch den Hersteller für das Gesamtsystem, Hardware und Software, muss ab dem Zeitpunkt des Bestelleingangs schriftlich zugesichert werden.“

A

 

In ihrem Angebot bestätigte die Antragstellerin die vollständige Erfüllung der Vorgaben der Leistungsbeschreibung, machte aber keine Angaben zum Hersteller der angebotenen Hardware.

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18.04.2017 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter beabsichtigt sei, da die Antragstellerin nicht das wirtschaftliche Angebot abgegeben habe.

Mit Schreiben vom 01.05.2017 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung. Nachdem ihre Rüge zurückgewiesen wurde, beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer Westfalen die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Nachprüfungsantrag war zulässig

Die Vergabekammer hielt den Nachprüfungsantrag für zulässig. Die erst mit Schreiben vom 01.05.2017 erfolgte Rüge war nach Ansicht der Vergabekammer auch nicht verspätet. Dies insbesondere vor dem Hintergrund nicht, dass von einem durchschnittlichen Bieter keine Kenntnis der sich noch entwickelnden Rechtsprechung zur Transparenz von Bewertungsmaßstäben erwartet werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.03.2017 – Verg 39/16).

Benennung des Herstellers erforderlich

Im Rahmen der weiteren Prüfung stellte die Vergabekammer dann fest, dass die Antragsgegnerin die Benennung des Herstellers zwar nicht ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung gefordert hat. Die Überprüfung der Angaben der Bieter im Leistungskatalog – insbesondere zu den Positionen 1 und 32 – war aber nach Auffassung der Vergabekammer für die Antragsgegnerin nur möglich, soweit in den Angeboten das jeweilige Modell und dessen Hersteller genannt werden, das geliefert werden soll.

Objektive Würdigung aus Sicht eines verständigen Dritten entscheidend

Entscheidend ist nämlich, wie ein verständiger Dritter bei objektiver Würdigung die Vergabeunterlagen, insbesondere die Leistungsbeschreibung, verstehen konnte. Da die Antragsgegnerin in den Positionen 1 und 32 die Lieferung des aktuellsten Modells sowie einen vom Hersteller zugesicherten Support/Wartung verlangte, war für die Vergabekammer damit auch unzweifelhaft, dass ein Bieter nähere Angaben zum Hersteller und Modell der angebotenen Hardware zu machen hatte.

Kein zuschlagfähiges Angebot

Ohne die entsprechenden Angaben zum Hersteller konnte die Antragsgegnerin nämlich überhaupt nicht nachprüfen, ob die Antragstellerin mit ihrem Angebot die Vorgaben der Leistungsbeschreibung erfüllt. Damit lag mit dem Angebot der Antragstellerin im Ergebnis nur ein inhaltsleeres und mithin nicht zuschlagfähiges Angebot vor.

Keine Nachforderung von Unterlagen nach § 56 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz, Abs. 3 S. 1 VgV

Da nach Auffassung der Vergabekammer „leistungsbezogene Unterlagen“ im Sinne des § 56 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz, Abs. 3 S. 1 VgV nur solche sind, die den Inhalt der angebotenen Leistung belegen, die Antragstellerin aber selbst eingeräumt habe, dass sie einen konkreten Hersteller bewusst nicht angegeben habe, weil das ihrer Meinung nach nicht gefordert gewesen sei, durfte die Antragsgegnerin auch keine Unterlagen nachfordern.

Unzulässige Festlegung des Inhalts des Angebots

Würde nämlich die Antragstellerin nachträglich einen Hersteller benennen dürfen, läge damit im Kern nicht bloß ein Beleg des Inhalts der angebotenen Leistung, sondern vielmehr überhaupt erst eine erstmalige Festlegung auf einen konkreten Hersteller und damit auf ein Produkt, mithin eine erstmalige Festlegung des Inhalts ihres Angebots vor.

Im Ergebnis wurde der Nachprüfungsantrag dann von der Vergabekammer zurückgewiesen.