OLG Karlsruhe: Geplante Stromnetzvergabe an Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG vorläufig gestoppt

29.06.2017

Zwischen der Süwag Energie AG und den beklagten Städten und Gemeinden bestanden bis 2012 jeweils Konzessionsverträge, mit denen die Kommunen ihre öffentlichen Wege für die Verlegung und den Betrieb von Stromleitungen zur Verfügung stellten. Bereits hinsichtlich eines ersten Konzessionierungsverfahrens hatte der Senat mit Urteil vom 26.03.2014 ausgesprochen, dass die Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG keinen Anspruch auf Übereignung und Übergabe hatte. Ein zweites Konzessionierungsverfahren führte dazu, dass die Kommunen jeweils im Mai/Juni 2016 erneut beschlossen, einen Stromkonzessionsvertrag mit der Streithelferin zu schließen, weil deren Angebot besser bewertet werden müsse als das der Klägerin.

Dagegen hatte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Das Landgericht Mannheim hat diese Anträge mit Urteilen vom 02.09.2016 abgewiesen. Dies griffen die Berufungen der Klägerin an.

Das Oberlandesgericht hat nun die Urteile des Landgerichts Mannheim aufgehoben und die beantragten einstweiligen Verfügungen erlassen. Damit ist es den beklagten Städten und Gemeinden jeweils verboten, aufgrund der Ratsbeschlüsse einen Stromkonzessionsvertrag mit der Streithelferin abzuschließen, bis in einem neuen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats durchzuführenden Auswahlverfahren diskriminierungsfrei über die Vergabe entschieden ist.

Der Senat hat seine Entscheidung unter anderem damit begründet, dass die Anforderungen aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB) und dem Energiewirtschaftsgesetz (§ 46 Abs. 1 EnWG) nicht eingehalten worden seien. Die von den Kommunen angewandte relative Bewertungsmethode sei zwar grundsätzlich zulässig, jedenfalls in Fällen, in denen wir hier die Gemeinde selbst auf der Anbieterseite auftrete, müsse aber in der Ausschreibung angegeben werden, nach welcher Methode der Abstand zwischen bestem Anbieter und nächstbestem Bewerber bewertet werde. Dies sei erforderlich, um ein ungebundenes, freies Ermessen der Beklagten auszuschließen und der Gefahr von willkürlichen Bewertungen und Manipulationen zu begegnen. Diese Voraussetzungen wurden nach Ansicht des Senats bei verschiedenen Kriterien (z.B. „Bisherige Ausfallzeiten“ u.a.) nicht eingehalten. Darüber hinaus hat der Senat angenommen, dass bei verschiedenen Kriterien (z.B. „Absolute Höhe der Netzentgelte“ u.a.) das Angebot der Klägerin von den Beklagten jeweils fehlerhaft bewertet worden sei.

Die Urteile sind rechtskräftig. Die Beklagten können aber gem. §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO erreichen, dass die Klägerin verpflichtet wird, binnen vom Gericht zu bestimmender Frist sogenannte Hauptsacheklage zu erheben. In diesem Verfahren würde dann geklärt werden, ob es bei dem von dem Senat ausgesprochenen Verbot des Abschlusses der Stromkonzessionsverträge auf Grundlage des jetzigen Konzessionierungsverfahrens bleibt.