VG Münster: Gemeinde kann zur Vorlage einer Kostenschätzung zwecks Vorbereitung eines Bürgerbegehrens verpflichtet sein

26.07.2016

Ende Dezember 2015 hatten die Antragsteller bei der Stadt Münster angezeigt, dass sie beabsichtigten, ein Bürgerbegehren mit dem Titel „Erhaltet den Gremmendorfer Weg“ durchzuführen. Gegenstand des Bürgerbegehrens soll die Entscheidung über die Frage sein: „Soll der Gremmendorfer Weg in seinem gegenwärtigen Ausbauzustand erhalten bleiben und ein weiterer Ausbau unterbleiben?“. Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 hatte die Stadt Münster den Antragstellern unter anderem mitgeteilt: Sie habe sich durch einen Vertrag zum Ausbau des Gremmendorfer Weges verpflichtet. Bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens wären Entschädigungsansprüche nicht auszuschließen. Der Umfang solcher Ansprüche sei derzeit nicht bezifferbar. Demgegenüber haben die Vertreter des beabsichtigten Bürgerbegehrens am 11. Februar 2016 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen mit der Begründung beantragt: Nach der Gemeindeordnung habe die Verwaltung den Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens schriftlich eine Einschätzung der mit der Durchführung der verlangten Maßnahme verbundenen Kosten mitzuteilen. Diesen Anforderungen genüge das Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. Februar 2016 nicht.

Das Gericht gab den Antragstellern nunmehr recht. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig. Die Vertreter des Bürgerbegehrens hätten ein berechtigtes Interesse daran, eine aus ihrer Sicht unzutreffende Kostenschätzung frühzeitig gerichtlich überprüfen zu lassen. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Bürgerbegehren zulässig sei. Weder die Antragsgegnerin noch das Gericht hätten in diesem Stadium des Verfahrens eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu treffen. Diese Entscheidung treffe nach der Gemeindeordnung zunächst der Rat der Stadt. Der Antrag habe auch in der Sache Erfolg. Die Antragsteller hätten einen Anspruch auf Mitteilung einer plausiblen und hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen zutreffenden und vollständigen Kostenschätzung. Diese habe die Funktion, die Bürger über die Kostenfolge der vom Bürgerbegehren beabsichtigten Maßnahme zu informieren. Die Kosten der Maßnahme seien von großer Bedeutung und oftmals ein wesentliches Entscheidungskriterium, über das die Bürger informiert werden müssten. Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben sei die von der Antragsgegnerin mitgeteilte Kostenschätzung nicht vollständig und deshalb unzutreffend. Dies ergebe sich allerdings nicht aus der Formulierung „Der Umfang solcher Entschädigungsansprüche ist derzeit nicht bezifferbar.“ Soweit – wie hier – das Entstehen und die Höhe von möglichen Schadensersatzansprüchen nicht zu prognostizieren seien, weil sie erst von der zukünftigen Entwicklung des Sachverhalts abhingen, sei eine Formulierung wie die vorgenannte unschädlich. Die mitgeteilte Kostenschätzung sei aber unzutreffend, weil eine wesentliche Tatsachengrundlage nicht mitgeteilt worden sei. Die Kostenschätzung leide daran, dass die im hier geschlossenen Durchführungsvertrag enthaltene Regelung zum Haftungsausschluss für den Fall, dass der Bebauungsplan nicht in Kraft trete oder aufgehoben werde, nicht mitgeteilt werde. Die Wiedergabe dieser Klausel sei jedoch im Zusammenhang mit der Thematisierung von Entschädigungsansprüchen geboten.