OLG Nürnberg: Mängelansprüche des Auftraggebers können bei verweigerter Abnahme innerhalb von 3 Jahren verjähren

22.03.2016

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) im Sommer 2000 mit Holzbau-, Zimmerer- und Dachdeckungsarbeiten. Während der Ausführungsphase kam es zum Streit über die Qualität der Leistung. Der AG ließ von einem Privatgutachter überprüfen, ob die Leistung des AN fachgerecht erfolgt sei. Der AN nahm Mängelbeseitigungsarbeiten vor. Nachdem der AG keine weiteren Zahlungen mehr leistet, kündigte der AN den Vertrag und machte im Jahr 2001 restlichen Werklohn i. H. v. 16.987,98 € geltend. Der AG verteidigte sich mit verschiedenen Mängelrügen. Erstmals im September 2006 rügte der AG einen weiteren Mangel (schwarze Flecken an der OSB-Dachschalung) und verlangt hierfür Schadensersatz i. H. v. 31.002,00 €, mit dem er gegen die Werklohnforderung aufrechnet. Der überschießende Betrag ist Gegenstand der Widerklage. Der AN beruft sich auf Verjährung. Die fünfjährige Gewährleistungsfrist habe spätestens mit der Klageerwiderung vom 03.07.2001 begonnen, in der der AG nicht Nachbesserung, sondern Schadensersatz verlangt habe. Das LG wies die Klage und die Widerklage ab. Der Restwerklohnanspruch des AN sei erloschen, da dem AG mindestens in der gleichen Höhe Ansprüche wegen mangelhafter Leistungen des AN zustünden.

Das OLG bestätigt die Entscheidung des LG im Ergebnis. Nach § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Vergütung grundsätzlich bei der Abnahme des Werks zu entrichten. Es konnte dahinstehen, ob der AG die Arbeiten des AN abnahm, denn hier wurde der geltend gemachte Restwerklohnanspruch auch ohne Abnahme fällig, weil der AN nicht mehr Erfüllung, sondern Schadensersatz verlangt und sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umwandelte. Die Parteien hatten individualvertraglich eine schriftliche Abnahme vereinbart. Das schloss aber nicht aus, dass die Parteien später einvernehmlich auf eine solche schriftliche Abnahme verzichteten (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn 1820). Der Verzicht kann auch in einem schlüssigen Verhalten liegen. Die schlüssige Abnahme setzt einen Abnahmewillen voraus. Der Auftraggeber muss durch sein Verhalten zum Ausdruck bringen, dass er das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht. Es ist eine unmissverständliche Verhaltensweise erforderlich. Im vorliegenden lagen jedoch kein Verzicht und auch keine Abnahme vor. Der Anspruch war dennoch nicht verjährt. Bei endgültiger Verweigerung der Abnahme gilt nicht die Gewährleistungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme, sondern die allgemeine Verjährung von drei Jahren, die aber erst mit Kenntnis des AG von den den Anspruch begründenden Umständen zu laufen beginnt.

Praxishinweis / Bewertung:

Die Entscheidung begegnet erheblichen Zweifeln. Danach soll bei berechtigter Verweigerung der Abnahme das Vertragsverhältnis vom Erfüllungsstadium nicht in das Gewährleistungsstadium übergehen. Das soll auch bei berechtigter endgültiger Abnahmeverweigerung gelten. Nach früherer BGH-Rechtsprechung galt für Schadensersatzansprüche ohne Abnahme nicht die Gewährleistungsfrist, sondern die Regelverjährung. Der BGH hat diese Rechtsprechung aber inzwischen ausdrücklich geändert. Die fünfjährige Gewährleistungsfrist gilt für alle dem AG zustehenden Ansprüche wegen Mängeln, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Entstehens (BGH, Urteil vom 08.07.2010 - VII ZR 171/08, IBRRS 2010, 3158; Urteil vom 24.02.2011 - VII ZR 61/10, IBRRS 2011, 0964; Urteil vom 12.01.2012 - VII ZR 76/11, IBRRS 2012, 0431 für den VOB-Vertrag; a. A. Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 634a Rz. 9). Mit der endgültigen, also unabhängig von einer späteren Mängelbeseitigung erklärten Verweigerung der Abnahme, ob berechtigt oder unberechtigt, kommt eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr infrage und der Vertrag geht von der Erfüllungsphase in die Abrechnungs- und Gewährleistungsphase über.