VG Berlin / VG Koblenz: Klagen auf verkehrsbehördliche Maßnahmen zur Immissionsreduzierung erfolgreich

08.02.2016

Das VG Berlin entschied mit Urteil vom 4. Januar 2016 (VG 11 K 132.15), dass Anwohner im Einzelfall die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auch auf Hauptverkehrsstraßen verlangen können, wenn ein Luftreinhalteplan dies vorsieht.

Der Kläger ist Anwohner der Berliner Allee in Berlin-Weißensee. Dabei handelt es sich um die Bundesstraße 2, die pro Fahrtrichtung zwei bis drei Spuren aufweist. Auf ihr verkehren drei Bus- und vier Straßenbahnlinien. Die Verkehrslenkung Berlin lehnte den Antrag des Klägers, die vorgesehene Höchstgeschwindigkeit zum Zweck der Verminderung der Luftschadstoffe auf 30 km/h zu reduzieren, im Wesentlichen unter Berufung auf die überregionale Bedeutung der Verkehrsverbindung ab. Zur Sicherung eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes müsse es bei Tempo 50 bleiben.

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin verpflichtete die Verkehrslenkung Berlin zur Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Berliner Allee zwischen Indira-Gandhi- und der Rennbahnstraße. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bestehe diese Verpflichtung immer dann, wenn ein Luftreinhalteplan dies vorsehe. Ein solcher Plan liege hier mit dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beschlossenen Luftreinhalteplan 2011 bis 2017 vor. Danach soll Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in solchen Abschnitten eingeführt werden, in denen mit einer Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu rechnen ist. Die Grenzwerte für NO2 seien bereits im Jahre 2012 um 10 % überschritten worden, und es gebe keine Anhaltspunkte für Verbesserungen. Ein überwiegend stetiger Verkehrsfluss sei auch bei einer Geschwindigkeitsreduzierung gesichert, und die Belange des öffentlichen Personennahverkehrs sowie der anderen Verkehrsteilnehmer würden ausreichend berücksichtigt.

Kurz zuvor hatte das VG Koblenz mit Urteil vom 18. Dezember 2015 (5 K 548/14.KO) in dem Rechtsstreit um die Verkehrsbelastung im Koblenzer Stadtteil Rübenach die beklagte Stadt verpflichtet, über die Vornahme lärmmindernder Maßnahmen zu entscheiden.

Geklagt hatte in diesem Verfahren ein Anwohner der Aachener Straße, der die Belästigungen durch Lärm und Abgase für unzumutbar hält. Seine Vorschläge zur Verbesserung der Situation seien in der Vergangenheit nicht aufgegriffen worden, obwohl sie kostengünstig umgesetzt werden könnten. Nachdem die Stadt Koblenz einen zunächst unter Vorbehalt geschlossenen Vergleich widerrufen hatte, hat das Verwaltungsgericht Koblenz ein Lärmgutachten eingeholt.

Nach dem Ergebnis des Gutachtens überschreite die Lärmbelästigung unter Berücksichtigung der einschlägigen lärmschutzrechtlichen Bestimmungen eine Zumutbarkeitsgrenze, urteilten die Koblenzer Richter. Dies zwinge die Beklagte zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Anträge des Klägers. An einer solchen abschließenden Behördenentscheidung fehle es aber bislang. Im Rahmen der noch zu treffenden Entscheidung müsse die Stadt zunächst prüfen, welche konkreten Lärmminderungswerte – gegebenenfalls auch in Kombination verschiedener Maßnahmen – überhaupt zu erreichen seien. Sodann sei weiter zu prüfen, ob die Maßnahmen zu einer spürbaren Entlastung führen können und ob sie mit Blick auf die Verkehrsinteressen sowie die finanzielle Realisierbarkeit tatsächlich angezeigt seien.