OLG Düsseldorf: Nach Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wird Restvergütung auch ohne Abnahme fällig

20.10.2015

Ein Bauunternehmer (AN) errichtete für den Bauherrn (AG) einen Anbau an einem Zweifamilienhaus. Das Angebot des AN erstreckte sich auf einen Betrag von 86.838,52 € brutto. Es gab ein "Nachtragsangebot" über "erweiterte Erdarbeiten", mit einem Bruttobetrag von 4.189,62 €. Beide Angebote schlossen mit einem Hinweis auf die Geltung der "VOB" in der neuesten Fassung. Das erste Angebot nahm der AG an. Die Schlussrechnung des AN beträgt über 98.390,34 € brutto. Unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen i.H.v. 50.000,00 € brutto schloss die Schlussrechnung mit einem Forderungsbetrag von 48.390,34 € ab. AG zahlt nicht und macht die Einrede des nichterfüllten Vertrages geltend. Der AN nimmt den AG auf Zahlung restlichen Werklohns in Anspruch; mit der Widerklage verlangt der AG vom AN den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten, von nutzlos gewordenen Aufwendungen sowie Miet- und Nutzungsausfall. Der AG behauptet, die Bauarbeiten seien mangelhaft und für ihn unbrauchbar. Ihm stehe ein Minderungsrecht in Höhe von 54.800,00 € zu, sodass er diesen Betrag der Klageforderung als Minderung entgegen hielt. Die Klage wurde in der ersten Instanz abgewiesen, weil der Restwerklohnanspruch durch das wirksam ausgeübte Minderungsrecht des AG weggefallen sei.

Das OLG gibt dem AG ebenfalls Recht und bestätigt, dass dieser das ihm wegen der gerügten Mängel zustehende Minderungsrecht wirksam ausgeübt habe. Die Wertlosigkeit der Werkleistung des AN habe zu einer Reduzierung des Vergütungsanspruchs auf null geführt. Nach Auffassung des OLG würde eine wirksame Minderung nicht daran scheitern, dass dem AG vor der Abnahme grundsätzlich die Gewährleistungsrechte nach BGB nicht zustehen. Wie in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannte allgemeine Ausnahme gilt dann, wenn eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr in Betracht kommt. Hat der AG mit Blick auf von ihm behauptete Mängel sein Minderungsrecht gegenüber dem Werklohnanspruch des AN ausgeübt und die Höhe der Minderung primär mit dem Vortrag begründet, dass die zur Minderung berechtigenden Mängel dazu führten, dass das Werk völlig wertlos sei und damit eine Minderung auf "Null" gerechtfertigt sein, ist es für die Auslegung der Minderungserklärung ohne Belang, wenn sich zeitlich nach der Minderungserklärung herausstellt, dass das Werk noch (weitere) gravierendere Mängel aufweist bzw. die für die Minderung angeführten Mängel schwerwiegender sind als zunächst angenommen. Ausnahmsweise können ohne vorherige Abnahme der Werkleistung Vorschuss- oder Aufwendungsersatzansprüche nach § 637 BGB oder die Minderung nach § 638 BGB geltend gemacht werden, wenn eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr in Betracht kommt, wovon auszugehen ist, wenn der AN das an ihn vor Abnahme gerichtete Begehren des AG nach Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt und daraufhin der AG die Abnahme endgültig verweigert hat. Der mangelbedingte Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach § 634 Nr. 4, §§ 636, 281 BGB gerichtet auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten ist jedoch ausgeschlossen, wenn der AG wegen derselben Mängel bereits die Minderung nach § 634 Nr. 3 Alt. 2, § 638 BGB erklärt hat. Durch die Ausschlusswirkung der Minderung gegenüber Schadensersatzansprüchen statt der Leistung wird die Geltendmachung des Schadensersatzes neben der Leistung nicht betroffen.

Praxishinweis:

Im vorliegenden Fall, hätte der AG die Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz statt der Leistung geltend machen können und mit diesem Anspruch gegen die Klageforderung aufrechnen können. Bei der Ausübung des Minderungsrechtes ist Vorsicht geboten, da dadurch der Schadensersatzanspruch statt der Leistung ausgeschlossen wird.