OLG München: Zeitpunkt für die Beurteilung eines Planungsfehlers ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung

21.09.2015

Im Jahr 2005 wurde ein Fachplaner für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit der Planung der Verlegung von Leitungen für die Telekommunikationsanlage beauftragt. Mit der Objektüberwachung nach der Leistungsphase 8 i.S.v. § 34 Abs. 2 HOAI war er hingegen nicht beauftragt. Die Planungsleistungen wurdenunter Berücksichtigung der Verlegung der Leitungen unter Putz mit Kabelklemmen auf Druck hauptsächlich im Jahr 2006 erbracht. Die Leitungen wurden wie geplant vom ausführenden Unternehmer verlegt. Auf die Schlussrechnung vom 02.05.2008 zahlte der Bauherr einen Betrag in Höhe von 8.201,43 Euro nicht. Der Bauherr wendet ein, die Leitungen hätten "auswechselbar", beispielsweise durch die Verlegung von Leerrohren, geplant werden müssen, so dass ein Mangel vorläge. Die Verlegung von Leitungen müsse nachgerüstet werden. Die hierfür anfallenden Kosten würden das Schlussrechnungshonorar um ein Vielfaches übersteigen. Der Fachplaner klagt das ausstehende Honorar ein. Das Landgericht verurteilt den Bauherrn zur Zahlung. Ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch wegen eines Planungsfehlers bestehe nicht. Der Gerichtsgutachter habe unter Zugrundelegung der DIN 18015 (Stand: 1992) festgestellt, dass eine Verlegung in Leerrohren nicht erforderlich sei. Ein Planungsfehler liege daher nicht vor. Hiergegen richtet sich die nunmehr erstmalig auf ein detailliertes Privatgutachten gestützte Berufung des Bauherrn. Das Landgericht habe verkannt, dass das Gerichtsgutachten auf die nicht mehr geltende DIN 18015 (Stand: 1992) abstelle. Die maßgebliche DIN 18015 (Stand: 09/2007) sehe ausdrücklich eine Verlegung von mindestens zwei Leerrohren vor. Das Urteil des Landgerichts sei daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das Berufungsgericht schließt sich der Auffassung des Landgerichtes an. Allein maßgeblich für die Beurteilung eines zum Schadensersatz verpflichtenden Planungsfehlers ist, ob die zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistungen geltenden Regelungen eingehalten sind. Eine Vereinbarung, dass sämtliche Leitungen in Leerrohren zu verlegen waren, lässt sich dem Vertragsmaterial nicht entnehmen.Der Gerichtssachverständige hat zutreffend die DIN 18015 aus dem Jahr 1992 herangezogen, die allein für die hier zu beurteilende Leistung des Klägers maßgeblich ist. Zwar ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass während der Dauer der Gewährleistung des Auftragnehmers die zuletzt geltenden Regeln der Technik anzuwenden sind, wenn unter Geltung der neuen Regeln ein Mangel zu Tage tritt. Dies gilt aber für den Auftragnehmer und für die Dauer der Gewährleistung von z. B. fünf Jahren. Hier wurde der Planer und Bauleiter in Anspruch genommen, der "lediglich" auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 ZPO haftet, wenn ihm ein Planungs- oder Überwachungsverschulden zur Last liegt. Bezogen auf diesen Fall bedeutet das, dass der Planer nur die im Zeitpunkt seiner Leistungserbringung - 2005 und 2006 - geltende DIN zu beachten hatte. Die gegenteilige Meinung übersähe, dass es dann an einem Verschulden des Planers/Überwachers fehlen würde.

Praxishinweis:

Die Entscheidung verdeutlicht, dass in der Praxis die Unterscheidung zwischen Schadensersatz des Planers/Bauleiters, der nie auf Erfüllung und Mängelbeseitigung haftet, und dem Handwerker, der auf Erfüllung/Mängelbeseitigung und nur unter bestimmten Voraussetzungen auf Schadensersatz haftet, streng zu unterscheiden ist. Daraus resultiert, dass der Planer nicht verpflichtet ist, neue Entwicklungen vorauszusehen und in der Planung zu berücksichtigen. Dennoch sollte der Fachplaner darauf achten, dass seine Leistung abgenommen wird, da die Fälligkeitsvoraussetzung für das Honorar die Abnahme ist (vgl. § 15 Abs. 1 HOAI).