OLG Brandenburg: Fiktive Abnahme der Nachunternehmerleistung durch Aufnahme der Nutzung

31.07.2015

Der GU schuldet dem AG die Errichtung von zwei Solaranlagen. Die zur Errichtung erforderlichen Leistungen lässt der GU durch seinen NU erbringen. Im Nachunternehmervertrag ist die VOB/B vereinbart. Nach Fertigstellung übergibt der GU dem AG die Anlagen. Die Anlagen werden vom AG in Betrieb genommen. Nach der Inbetriebnahme rügt der AG gegenüber dem GU die Mangelhaftigkeit und dieser rügt wiederrum die Mangelhaftigkeit gegenüber dem NU. Der NU stellt dennoch gegenüber dem GU seine Schlussrechnung, die dieser jedoch nicht begleicht. Der NU nimmt den GU im Wege der Teilklage auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die Parteien streiten u.a. über die Fälligkeit der Werklohnforderung bzw. des von der Klägerin geforderten Teilbetrages. Nach Auffassung des GU sei die Werklohnforderung nicht fällig, da eine Abnahme der Solaranlagen nicht stattgefunden habe, insbesondere sei durch die Inbetriebnahme der Anlagen durch den AG keine Abnahme erfolgt. Das Verhaltens des AG könne dem GU nicht zugerechnet werden.

Das OLG Brandenburg sieht dies anders und bejaht eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B im Verhältnis zwischen GU und NU.Bei einer Leistung durch einen SU ist die Inbenutzungsnahme durch den AG nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B darin zu sehen, dass dieser die Leistung dem Bauherrn zur Benutzung überlässt und der Bauherr das Werk nutzt (Oppler in Ingenstau/Korbion, a. a. O., § 12 Abs. 5 VOB/B, Rn. 21). Die Benutzung kann etwa durch die Inbetriebnahme eines Kraftwerkes erfolgen (Oppler, a. a. O.). Keine fiktive Abnahme liegt vor, wenn die Inbetriebnahme lediglich aus dem Zwang der Verhältnisse resultiert, also etwa aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderung (Oppler, a. a. O., Rn. 25). Vorliegend ist jedoch die Inbetriebnahme beider Anlagen durch den AG erfolgt. Dabei ist zugleich eine fiktive Abnahmehandlung des GU gegenüber dem NU darin zu sehen, dass dieser seinem AG die Anlage zur Verfügung gestellt hat.

Praxishinweis:

Das Gericht hat im vorliegenden Fall zu Recht die Abnahmefiktion des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B bejaht, da der GU und der NU weder eine förmliche Abnahme weder vereinbart hatten noch hatte der NU eine solche verlangt (VOB/B § 12 Abs. 4 Nr. 1). Wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre die Bejahung einer Fiktion der Abnahme i.S.d. § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B unzutreffend gewesen. In der Praxis entstehen oft Unsicherheiten im Hinblick auf eine erfolgte Abnahme im Verhältnis AG - GU – NU. Mit erfolgter Abnahme erlischt der allgemeine Erfüllungsanspruch des Bestellers aus dem Werkvertrag nach § 631 I BGB und konkretisiert sich auf die Mangelbeseitigung. Die wohl wichtigste Folge dürfte jedoch die Fälligkeit der Vergütung sein, die im Grundsatz erst nach einer Abnahme seitens des Bestellers eintritt, obwohl der Vergütungsanspruch schon mit dem Abschluss des Werkvertrages entstanden ist. Ohne sie würde eine Klage auf Vergütung als derzeit unbegründet abgewiesen. Aus diesem Grund sollten diese Unsicherheiten durch eine geeignete Vertragsgestaltung jedes Vertragsverhältnisses vermieden werden. Insbesondere kann bei technischen Anlagen unter Umständen der AG erst nach einer längeren Betriebsdauer der Anlage beurteilen, ob diese vertragsgerecht ist. Vereinbaren AG und GU deshalb, dass der AG die Abnahme erst nach einer bestimmten Probephase erklären wird, dürfte in diesem Probebetrieb auch keine Abnahme im Verhältnis zwischen GU und NU zu sehen sein. Dies sollte jedoch vertraglich auch zwischen GU und NU explizit geregelt werden.