EuGH: EU-Wasserrahmenrichtlinie steht der Genehmigung eines Vorhabens entgegensteht, wenn es eine Verschlechterung des Zustands des betreffenden Wasserkörpers herbeiführen kann und keine Aus

31.07.2015

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. klagt vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gegen die von der zuständigen Bundesbehörde erteilte Genehmigung für die Vertiefung verschiedener Teile der Weser, die größeren Containerschiffen die Durchfahrt zu den Häfen von Bremerhaven, Brake und Bremen ermöglichen soll. So ist vorgesehen, die Fahrrinne der Außenweser vom offenen Meer bis Bremerhaven um bis zu 1,16m und die Fahrrinne der Unterweser von Bremerhaven flussaufwärts bis Brake um bis zu 1m zu vertiefen. Ferner soll die Fahrrinne der Unterweser von Brake flussaufwärts bis Bremen vertieft werden. Nach Ansicht des BVerwG haben die fraglichen Vorhaben neben den unmittelbaren Auswirkungen des Ausbaggerns und Verklappens in bestimmten Bereichen der Weser weitere hydrologische und morphologische Folgen für die betroffenen Flussabschnitte. So würden die Strömungsgeschwindigkeiten sowohl bei Ebbe als auch bei Flut zunehmen, die Tidehochwasserstände würden höher und die Tideniedrigwasserstände niedriger, der Salzgehalt in Teilen der Unterweser würde zunehmen, die Brackwassergrenze in der Unterweser würde stromaufwärts verschoben, und schließlich würde die Verschlickung des Flussbetts außerhalb der Fahrrinne zunehmen.

Da das BVerwG Zweifel hatte, ob die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik) für das Genehmigungsverfahren dieses konkreten Vorhabens gilt oder ob sie sich darauf beschränkt, bloße Zielvorgaben für die Bewirtschaftungsplanung aufzustellen, hatte es sich an den EuGH gewandt. Es wollte ferner wissen, welche Kriterien gegebenenfalls für die Prüfung des Vorliegens einer Verschlechterung des Zustands eines Wasserkörpers im Sinne der Richtlinie maßgebend sind.

Der EuGH hat dem BVerwG geantwortet, dass die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme verpflichtet sind, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

Auf die Frage, ab wann eine "Verschlechterung des Zustands" eines Oberflächenwasserkörpers gegeben ist, antwortet der EuGH, dass eine solche Verschlechterung vorliegt, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der Richtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt (die Analyse des ökologischen Zustands der Oberflächengewässer umfasst fünf Klassen, von sehr gut über gut, mäßig, unbefriedigend bis zu schlecht). Ist jedoch die betreffende Qualitätskomponente im Sinne von Anhang V bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine "Verschlechterung des Zustands" eines Oberflächenwasserkörpers dar.

Das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie besteht darin, durch eine konzertierte Aktion bis Ende 2015 einen "guten Zustand" aller Oberflächengewässer der Union zu erreichen. Die Umweltziele, zu deren Erreichung die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, umfassen zwei Verpflichtungen, nämlich die Verpflichtung, eine Verschlechterung des Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu verhindern (Verschlechterungsverbot), und die Verpflichtung, diese Wasserkörper zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, um spätestens Ende 2015 einen guten Zustand zu erreichen (Verbesserungspflicht).

Unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Ziele und der Struktur der Richtlinie handelt es sich dabei nicht nur um programmatische Verpflichtungen, sondern sie gelten auch für konkrete Vorhaben, so der EuGH.