VK Sachsen-Anhalt: Fehlende Fabrikats- und Typenangaben sind nicht nachzufordern und führen zum Angebotsausschluss.

18.03.2015

Die Antragsgegnerin schrieb Tischlerarbeiten für die Sanierung einer Kindertagesstätte im Ausschreibungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt öffentlich aus. Zum Submissionstermin lagen zwei Hauptangebote vor. Die Antragstellerin weist in ihrem Begleitschreiben zum Angebot darauf hin, dass die geforderte Terminkette nicht mit einem Lieferanten hätte geklärt werden können und bei Beauftragung gegebenenfalls einer abschließenden Klärung bedürfe. Unter anderem fehlten den Angeboten derAntragstellerin und des konkurrierenden Bieters die in den Positionen 3.10 und 3.11 des Leistungsverzeichnisses geforderten Fabrikatsangaben. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin der Antragstellerin mit, dass sie das Angebot ausschließen wolle. Die Antragstellerin rügte daraufhin die Unauskömmlichkeit der Ausführungsfristen. Als Reaktion auf die Rüge teilte die Antragsgegnerin den Bietern mit, dass das Vergabeverfahren in den Stand der Versendung der Vergabeunterlagen zurückversetzt werde, da die festgesetzten Ausführungsfristen objektiv unmöglich seien. An der Durchführung der Maßnahme bestehe auch bei unveränderter Ausführungsfrist Interesse. Daraufhin rügte die Antragstellerin erneut das Vergabeverfahren mit dem Hinweis darauf, dass die Rückversetzung nicht das adäquate Mittel zur Beseitigung des Vergabeverstoßes sei, sondern eine Zuschlagserteilung nach dem Bieterstand mit Anpassung der Ausführungsfristen hätte erfolgen müssen.

Die Vergabekammer hält den Nachprüfungsantrag für zulässig und teilweise begründet. Die Vergabekammer bejaht ihre örtliche und sachliche Zuständigkeit sowie die Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin gemäß § 19 Abs. 2 S. 4 LVG LSA. Sinn und Zweck des Landes-Vergabegesetzes nach § 19 sei es, dass auch im Unterschwellenbereich die Unternehmen entsprechend § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf haben sollen, dass der Auftraggeber die Bestimmung über das Vergabeverfahren einhalte. Auch ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wird oder ausgeschlossen werden kann oder dessen Angebot ausgeschlossen werden muss, kann deshalb in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, wenn ein anderes Angebot trotz Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll oder wenn sich der beabsichtigte Zuschlag aus einem anderen Grund verbietet (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 10/06).

Vorliegend verstoße das Vergabeverfahren gegen die Vorgaben der §§ 13, 16 und 20 VOB/A. Die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Verfahrensbeteiligten verstoße gegen § 16 Abs. 1 Nr. 1 a) VOB/A. Keines der eingereichten Angebote entspreche den Anforderungen der Verdingungsunterlagen und seien somit einer Zuschlagserteilung nicht zugänglich. Alle Angebote, auch das Angebot der Antragstellerin, waren unvollständig und daher von der Wertung auszuschließen. Die Nachforderung von geforderten, aber im Angebot fehlenden Fabrikats-, Erzeugnis- und/oder Typangaben falle nicht unter § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, der die Antragsgegnerin zur Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise verpflichtet. Geforderte Fabrikats-, Erzeugnis- und/oder Typenangaben seien integraler Angebotsbestandteil und nicht nachzufordern. Das Fehlen solcher Angaben sei nicht heilbar und führe zum Angebotsausschluss (so bereits VK Thüringen, Beschluss vom 12.04.2013 – 250-4002-2400/2013-E-008-SOK). Das gelte gleichermaßen für das Angebot der Antragstellerin, in dem ebenfalls geforderte Fabrikatsangaben fehlten. Im Übrigen dürfte auch die fehlende Erklärung zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen als Vertragsbestandteil nicht nachgefordert werden, da dies eine unzulässige Nachbesserung des Angebotes darstellen würde. Die Nachforderungspflicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A entstehen nur dann, wenn das Formular gar nicht vorgelegen hätte, was hier nicht der Fall war.

Zusammenfassung/Praxishinweis:

Die Feststellung, dass es sich bei Fabrikats-, Erzeugnis-und/oder Typenangaben um einen integralen Angebotsbestandteil handelt, stellt die konstante vergaberechtliche Entscheidungspraxis dar. Für den Fall, dass Fabrikatsangaben in einem Angebot fehlen, führt dies zwingend zum Angebotsausschluss. Fehlende Produkt- oder Typenbezeichnungen stellen keine fehlenden Erklärungen und Nachweise im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 dar, sodass sie können nicht nachgefordert werden. Der öffentliche Auftraggeber ist somit gezwungen, entsprechende Angebote aus der Wertung zu nehmen.