VG Freiburg: Eilantrag gegen Mountainbike-Anlage zurückgewiesen - kein Widerspruch zu Bürgerentscheid

22.08.2014

Im Jahr 2011 waren in Kirchzarten Pläne des Sportvereins Kirchzarten bekannt geworden, im Wald bei Kirchzarten eine Mountainbike-Arena zu errichten. Dagegen wandte sich eine u.a. von der Antragstellerin gegründete Bürgerinitiative (IG Giersberg). Es kam zu einem Bürgerbegehren, gerichtet auf die Durchführung eines Bürgerentscheids. Der Gemeinderat entschied zunächst aber nicht über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, sondern lud zu einem Runden Tisch ein. An diesem waren auch die Gegner (IG Giersberg) der Pläne des Sportvereins Kirchzarten vertreten.

Bei den Beratungen des Runden Tisches wurde der Standort Giersberg nicht weiter verfolgt, sondern weiter südlich gelegene Alternativen erörtert. Streitig blieb insbesondere der Streckenverlauf in der sogenannten Bickenreute. In dem nun anberaumten Bürgerentscheid lehnte die Bürgerschaft mit deutlicher Mehrheit und dem erforderlichen Quorum eine Trainings- und Wettkampfsportstätte für Mountainbiker (Bike Arena) am Giersberg/Bickenreute ab.

Nach dem Bürgerentscheid hat die Gemeinde die beabsichtigte Lage der vorgesehenen Strecken nochmals teilweise verändert. Die freie Landschaft östlich des Schlosses und Hofguts Bickenreute soll nun nicht mehr berührt werden. Vorgesehen sind nur noch Strecken im Wald östlich und südlich des von Wald freien Talraums Bickenreute. Im Einzelnen sollen im östlich gelegenen Bereich Hochberg eine Mountainbike-Cross-Country-Trainingsstrecke mit einer Länge von 1200 m bis 1500 m und im südlich gelegenen Bereich Hexenwäldele ein Mountainbike-Technikparcours und zwei Mountainbike-Downhill-Strecken mit einer Länge von jeweils 200 m bis 250 m entstehen.

Damit die Anlagen im Hexenwäldele bereits jetzt errichtet werden können, hat das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Gemeinde deren Errichtung im Vorgriff auf den künftigen Bebauungsplan und eine künftige Baugenehmigung geduldet. Diese Duldung war Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht: Bis zum Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren sei die Gemeinde Kirchzarten an den Bürgerentscheid gebunden. Der Bürgerentscheid erstrecke sich nicht nur auf den Talraum Bickenreute, sondern auch auf die angrenzenden Waldgebiete, die zum Gemeindewald-Distrikt Birkenreute gehörten.

Die Gemeinde Kirchzarten hat eingewandt: Das Bürgerbegehren habe sich allein auf die früheren Planungen des Sportvereins Kirchzarten am Giersberg und dem Talraum Bickenreute bezogen. Die östlich und südlich gelegenen Bereiche Hochberg und Hexenwäldele, in denen die Anlagen jetzt geplant seien, gehörten nicht zu diesem Bereich.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden:

Nach der (von anderen Gerichten nicht geteilten) Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg habe ein abstimmungsberechtigter Bürger einen Anspruch darauf, dass ein Bürgerentscheid von allen Gemeindeorganen beachtet werde.

Soweit der Eilantrag der Antragstellerin darauf ziele, die Errichtung der Anlagen im Bereich Hochberg zu verhindern, bestehe jedoch kein Anordnungsgrund; denn die Errichtung dieser Anlagen stehe nicht unmittelbar bevor. Vielmehr beziehe sich die jetzt vom Landratsamt ausgesprochene Duldung nur auf die Anlagen im Hexenwäldele. Im Übrigen sei auch zweifelhaft, ob die Bürgerschaft beim Bürgerentscheid davon ausgegangen sei, dass der Bereich Hochberg noch zu dem im Bürgerentscheid bezeichneten Gebiet Giersberg/Bickenreute gehöre.

Soweit es der Antragstellerin um die Anlagen im Hexenwäldele gehe, fehle ihr ein durch einstweilige Anordnung zu sichernder Anspruch. Der Bereich Hexenwäldele sei wohl nicht Gegenstand des Bürgerentscheids gewesen. Das gelte auch dann, wenn man den räumlichen Geltungsbereich des Bürgerentscheids nicht mit Blick auf die ursprünglichen Planungen des Sportvereins Kirchzarten am Giersberg und im Talraum Bickenreute auslege, sondern auch die Beratungen des Runden Tisches berücksichtige. Denn bei diesen seien zwar auch die Anlagen im Hexenwäldele erörtert worden. Diese seien aber unstreitig gewesen, worüber die Bürgerschaft auch informiert gewesen sei. Es bleibe deshalb dabei, dass sich die Bürgerschaft unter dem Begriff Bickenreute im Bürgerentscheid nur den Talraum Bickenreute und jedenfalls nicht auch das angrenzende Hexenwäldele vorgestellt habe. Soweit die Antragstellerin demgegenüber auf die Bezeichnung des größeren Gemeindewald-Distrikts Birkenreute abstelle, sei dies wenig überzeugend. Denn die forstliche Bezeichnung von Waldbezirken sei nicht notwendig gleichbedeutend mit den in der Bevölkerung allgemein bekannten Gewann- oder Landschaftsbezeichnungen. So werde in der maßgeblichen Topographischen Karte auch allein der Talraum Bickenreute mit dem Schloss und Gutshof entsprechend benannt.

Update vom 13.11.2014: VGH weißt Beschwerde gegen VG-Beschluss zurück.

Mit Beschluss vom 06.11.2014 (1 S 1596/14) hat der VGH Mannheim die Beschwerde gegen den Beschluss des VG Freiburg vom 08.08.2014 zurückgewiesen.

Zur Begründung führt der VGH aus, zwar habe ein zur Abstimmung berechtigter Bürger einer Gemeinde einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung, ob die Gemeindeorgane einen Bürgerentscheid während der dreijährigen Sperrfrist beachteten. Es sei jedoch nicht zu erkennen, dass diese dreijährige Bindungswirkung des Bürgerentscheids vom 03.03.2013 der Realisierung von Mountainbike-Anlagen im Bereich "Hexenwäldle" entgegenstehe. Ein Bürgerentscheid binde hinsichtlich der Angelegenheit, über die die Bürgerschaft entschieden habe. Für die Auslegung der zum Bürgerentscheid gestellten Frage sei entscheidend, dass diese sich mit der Fragestellung im vorangegangenen Bürgerbegehren decke. Die Gemeinde sei nicht berechtigt, der Bürgerschaft abweichend von der Fragestellung, die Gegenstand des Bürgerbegehrens gewesen sei, bei dem Bürgerentscheid eine andere Fragestellung zu unterbreiten. Hier habe die Fragestellung alle Mountainbike-Trainings- und Wettkampfsportstätten aller Art im Bereich "Giersberg/Bickenreute" umfasst. Die geplanten Anlagen im "Hexenwäldle" seien hingegen nicht dem Bereich "Giersberg/Bickenreute" zuzuordnen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang die amtliche Bürgerinformation der Antragsgegnerin. Diese dürfte zwar kaum den gesetzlichen Anforderungen genügt haben. Denn sie habe den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass - entgegen der eindeutigen Fragestellung - über das gesamte am runden Tisch erarbeitete Entwicklungskonzept abgestimmt werde. Für die Bindungswirkung des Bürgerentscheids komme es jedoch nur auf dessen eindeutige Fragestellung an. Für den Bereich "Hochberg" habe die Antragstellerin im Übrigen auch mit der Beschwerde ein Eilbedürfnis nicht dargelegt.