VG Wiesbaden: Rechtmäßige Ersetzung des Einvernehmens der Gemeinde bei naturschutzrechtlicher Genehmigung

20.06.2014

Ein Biolandwirt im Rheingau-Taunus-Kreis hatte bereits mit Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 07.09.2009 einen Anspruch auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung zum Bau eines Gewächshauses erstritten. Nach Rechtskraft dieses Urteils wurde ihm mit Bescheid des Rheingau-Taunus-Kreises vom 21.03.2012 die begehrte Genehmigung dann auch erteilt. Der Landwirt hatte bereits vor Erteilung der Genehmigung den Bau des Produktionsgewächshauses umgesetzt und hierbei Modifizierungen vorgenommen, für die er nun auch eine - veränderte - naturschutzrechtliche Genehmigung beantragte.

Nachdem die Gemeinde das erforderliche Einvernehmen zu dieser Genehmigung erneut verweigert hatte, erteilte der Rheingau-Taunus-Kreis dem Landwirt die naturschutzrechtliche Genehmigung für die geänderte Ausführung des Produktionsgewächshauses und ersetzte gleichzeitig das verweigerte Einvernehmen der Gemeinde.

Dies erfolgte nach Auffassung der Kammer zu Recht, da der Landwirt für sein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich einen Anspruch auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung habe, in die Planungshoheit der Gemeinde nicht eingegriffen werde und die Gemeinde daher in rechtswidriger Weise ihr Einvernehmen verweigert habe.

Soweit der Landwirt das Gewächshaus aus bautechnischen Gründen kleiner ausgeführt habe als ursprünglich genehmigt, sei dies nicht zu beanstanden, da die landschaftliche Wirkung unverändert bleibe. Die geänderte Anordnung der befestigten Flächen im Innern des Gewächshauses sei naturschutzrechtlich unbedeutend, solange die genehmigte Gesamtfläche - wie vorliegend - nicht überschritten werde. Auch die Erweiterung des südlichen Vordachs einschließlich der senkrechten Windschutzverglasung diene nach den plausiblen Darlegungen des Landwirts nur dem besseren Schutz des Abhärtungsbereichs des Produktionsgewächshauses und sei naturschutzrechtlich unbedenklich, weil sie zur Produktionsfunktion des Gewächshauses gehöre.

Keinesfalls sei durch die Modifikationen eine neue Gesamtanlage aus dem Gewächshaus und dem ebenfalls auf dem Grundstück befindlichen Blockhaus entstanden, die dann auch einer baurechtlichen Genehmigung bedürfe. Zwar befinde sich auf dem Grundstück des Landwirts mit diesem Blockhaus eine baurechtlich genehmigungsbedürftige Anlage, die allerdings auch so genehmigt worden sei. Das Produktionsgewächshaus sei eine baurechtlich genehmigungsfreie Anlage. Diese beiden Anlagen seien jedoch nicht miteinander verbunden worden. Bereits optisch sei anhand der vorgelegten Fotos nicht von einer Gesamtanlage auszugehen. Das Einziehen von Streben zwischen dem Blockhaus und dem Vordach des Produktionsgewächshauses sei der Verwendung genormter Dachsegmente geschuldet. Das Blockhaus sei auch nicht zwingend für die Standfestigkeit der Vordachkonstruktion erforderlich. Durch die Wetterverglasung zwischen Verkaufsblockhaus und Produktionsgewächshaus sei weder optisch noch tatsächlich eine Verbindung entstanden, sondern es handele sich lediglich um eine fachlich begründete Isolierung des Abhärtungsbereichs des Produktionsgewächshauses. Auch ein Zulaufrohr zwischen Gewächshaus und Zisterne vermöge einen Bauverbund nicht zu begründen. Schließlich führe auch die nunmehr durchgehend vom Blockhaus und dem diesem vorliegenden Parkplatz zum Gewächshaus reichende Pflasterung nicht zu der Annahme einer Gesamtanlage. Denn dieser optische Eindruck beruhe auf der Außengestaltung des Verkaufsblockhauses und sei Gegenstand dessen baurechtlicher Genehmigung. Insbesondere fehle es aber an der für eine Gesamtanlage notwendigen selben Zweckbestimmung der beiden Anlagen. Das Blockhaus diene einzig als Verkaufsstätte und das Produktionsgewächshaus ausschließlich der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Sollte gegen die erteilte naturschutzrechtliche Genehmigung verstoßen werden - etwa durch Nutzung auch des Gewächshauses als Verkaufsfläche -, müsse durch ordnungsrechtliche Maßnahmen eine genehmigungskonforme Nutzung erreicht werden.

Da somit eine baurechtliche Genehmigung für die Änderungen am Produktionsgewächshaus nicht erforderlich sei, sei auch die Planungshoheit der Gemeinde durch das Ersetzen des Einvernehmens bezüglich der naturschutzrechtlichen Genehmigung rechtlich nicht betroffen.