BGH: Ist der Preis alleiniges Zuschlagskriterium, dürfen Nebenangebote weder zugelassen noch gewertet werden.

17.02.2014

Hintergrund dieser Entscheidung war folgender Fall: Der öffentliche Auftraggeber schrieb Bauleistungen im Zusammenhang mit dem Umbau einer Straßenbahntrasse im offenen Verfahren europaweit aus. Alleiniges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis; Nebenangebote waren zugelassen. Der öffentliche Auftraggeber wollte den Zuschlag auf ein Nebenangebot erteilen. Hiergegen wandte sich ein anderer Bieter mit der Begründung, die Wertung von Nebenangeboten sei unzulässig, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium sei. Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag statt. Das in 2. Instanz befasste OLG Jena wollte von einer Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 15.04.2011 - 1 Verg 10/10) abweichen und legte daher die Sache dem BGH zur Entscheidung vor.

Der BGH vertritt in seiner Entscheidung nun die Ansicht, dass es vergaberechtswidrig wäre, im Streitfall auf ein zugelassenes Nebenangebot den Zuschlag zu erteilen. Bei einem reinen Preiswettbewerb dürften im Anwendungsbereich des Vergaberechts oberhalb der Schwellenwerte Nebenangebote bereits nach nationalem Vergaberecht - unabhängig von den vergaberechtlichen Richtlinien des EU-Recht - nicht zugelassen werden. Dahinter stehen folgende Überlegungen:

Wenn rechtlich gefordert ist, für Nebenangebote nur Mindestanforderungen vorzugeben, ohne dass es Vorschriften darüber gibt, wie Nebenangebote im Verhältnis zu der als Hauptangebot vorgesehenen Ausführung zu werten sind, ist eine wettbewerbskonforme Wertung der Nebenangebote nicht gewährleistet, sofern für den Zuschlag allein der Preis maßgeblich sein soll. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2011 erläutert der BGH, dass ansonsten eine Situation eintreten könne, in der ein Nebenangebot zwar den Mindestanforderungen genüge und geringfügig billiger sei als das günstigste Hauptangebot, aber überproportional hinter dessen Qualität zurückbleibe. Obwohl es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung gerade nicht um das günstigste Angebot handele, müsste ein solches Nebenangebot mangels geeigneter Zuschlagskriterien dann dennoch den Zuschlag erhalten. Eine solche Wertungspraxis sei jedoch unvereinbar mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzip und dem aus § 97 Abs. 5 GWB folgenden Gebot, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.