OVG Berlin-Brandenburg: Keine Umweltverträglichkeitsprüfung für Flugroutenfestlegung erforderlich

18.06.2013

Das Gericht entschied, es bestehe entgegen der Ansicht der Kläger keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Flugroutenfestsetzungsverfahren. Diese Prüfung sei im Planfeststellungsverfahren für den Flughafen zu leisten. Die dort vorzunehmende Umweltverträglichkeitsprüfung habe sich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens zu erstrecken. Soweit die dort durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung unzureichend sein sollte, habe das Gericht die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zu respektieren.

Allerdings habe der Planfeststellungsbeschluss auch die Konflikte zu bewältigen, die durch eine von der Grobplanung abweichende Festsetzung von Flugrouten hervorgerufen werden können. Eine Flugroutenfestsetzung, die von der Grobplanung in der Planfeststellung deutlich abweiche, sei nach Auffassung des OVGs rechtswidrig, wenn die sich durch die Routenführung ergebenden Konflikte im Planfeststellungsbeschluss erkennbar nicht gelöst worden seien. Hiervon sei vorliegend aber nicht auszugehen. Der Planfeststellungsbeschluss bewältige die durch die angegriffenen Flugrouten entstehenden Konflikte. Relevante Umweltauswirkungen seien lediglich im Nahbereich des Flughafens und in geringeren Flughöhen zu erwarten.

Soweit die Flugrouten über so genannte ruhige Gebiete führen, stehe dies der Flugroutenfestsetzung nicht entgegen. Die Ausweisung ruhiger Gebiete begründe kein absolutes Verschlechterungsverbot. Auch sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass dem Schutz stärker lärmbetroffener Siedlungsgebiete der Vorrang vor dem Schutz von Erholungsräumen eingeräumt werde.

Unter Lärmgesichtspunkten halte die Müggelseeroute einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Das Bundesaufsichtsamt habe bei der Abwägung alternativer Flugrouten seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Praxisanmerkung:

Die EU-Kommission hat am 30.5.2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Verdachts eingeleitet, dass deutsche Gesetze zur Festlegung von Flugrouten nicht mit EU-Umweltrecht vereinbar sind. Zuvor hatte die Europäische Kommission unter anderem Beschwerden über die nachträgliche Änderung von Flugrouten am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) erhalten. Gegenstand des am 30.5.2013 an die deutschen Behörden gesandten Schreibens sind allerdings nicht die konkreten Flugrouten am Flughafen BER oder einem anderen spezifischen Flughafenprojekt, sondern das deutsche Luftverkehrsrecht allgemein. Aus Sicht der Kommission steht die deutsche Gesetzgebung in diesem Bereich zum Teil nicht in Einklang mit zwei EU-Richtlinien: der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (2011/92/EU) und der Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, 92/43/EWG). Die Kommission verlangt deshalb, dass Deutschland sein Luftverkehrsrecht an die EU-Gesetzgebung anpasst und die Planung von Flugrouten vollständig in die Umweltverträglichkeitsprüfung einbezieht.