OVG Sachsen-Anhalt: Keine Klagebefugnis von Landesbehörden gegenüber bundeseisenbahnrechtlicher Plangenehmigung

21.01.2013

Gegenstand des Verfahrens war eine vom Eisenbahn-Bundesamt am 19. September 2011 erteilte Plangenehmigung für die Änderung eines Bahnübergangs. Gegen diese Änderung wandte sich die klagende Landesbehörde. Die Klage wurde vom erstinstanzlich zuständigen OVG mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Das OVG begründet dies wie folgt:

Es fehle der Klägerin hinsichtlich sämtlicher von ihr gestellter Klageanträge an der für ihre Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis, denn sie könne nicht mit Erfolg geltend machen, durch die streitgegenständliche Plangenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Die der Klägerin gem. Art. 90 Abs. 2 GG eingeräumte Vollzugshoheit im Bereich der Unterhaltung der Bundesfernstraßen verleihe ihr zwar Befugnisse, verschafft ihr indes keine eigene Rechtsposition gegenüber der Beklagten, deren Beachtung die Klägerin im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage gem. §§ 42, 113 VwGO durchzusetzen vermöge (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1989 - 4 C 31.88,BVerwGE 82, 17 für den Bereich der Landschaftspflege und des Naturschutzes). Gem. Art. 73 Abs.1 Nr. 6a GG stehe dem Bund die ausschließliche Gesetzgebung für den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes zu. Gem. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG i. V. m. § 2 Abs. 1 BEVVG würden die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung im Wege der Errichtung selbständiger bundesunmittelbarer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts - mithin durch das Eisenbahn-Bundesamt als selbständige Bundesoberbehörde - wahrgenommen. Der Gesetzesvollzug liege damit ausschließlich bei dem Bund; den Ländern bzw. deren Behörden sei damit die im Regelfall des Art. 84 GG vorgesehene Einflussnahme auf das Verwaltungsverfahren versagt. Sie hätten nur dann eine administrative Zuständigkeit, wenn der Bundesgesetzgeber diese ihnen im Einzelfall durch Gesetz zugestehe (BVerwGE, a. a. O., S. 19).

Aufgrund der Kompetenzregelung gem. Art. 73 Nr. 6a GG habe der Bund für die Eisenbahnen des Bundes die Befugnis zur umfassenden Planfeststellung dem Eisenbahn-Bundesamt (gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 BEVVG) eingeräumt. Im bundesrechtlichen Planfeststellungsverfahren würden durch die in § 75 Abs. 1 VwVfG geregelte Konzentrationswirkung landesrechtliche Genehmigungserfordernisse verdrängt. Zwar seien landesrechtliche Normierungen als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen. Es bestehe indes weder aufgrund der Vollzugshoheit der Länder noch aufgrund einer vorgeschriebenen Beteiligung von Landesbehörden eine Befugnis der Länder bzw. deren Behörden, eine fehlerhafte Berücksichtigung ihrer Belange im Klagewege geltend zu machen. Das bundesrechtliche Planfeststellungsrecht sehe eine Beteiligung von Landesbehörden ausdrücklich nur durch die Möglichkeit der Stellungnahme der jeweiligen Verwaltungsbehörde vor. Die bundesrechtliche Planfeststellung ersetze alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen. Das bundesrechtlich geordnete Planfeststellungsverfahren verdränge damit auch etwaige landesrechtlich normierte Genehmigungsvorbehalte (vgl. BVerwG, a. a. O., S. 22). Diese Maßstäbe hätten auch für das hier zugrunde liegende Plangenehmigungsverfahren gem. § 74 Abs. 6 VwVfG zu gelten, welches gem. § 74 Abs. 6 Satz 2 VwVfG hinsichtlich seiner Rechtswirkungen der Planfeststellung im Wesentlichen gleichstehe. Auch die verfahrensrechtlichen Mitwirkungsrechte, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens gem. § 18a AEG geltend zu machen seien, würden der Klägerin - über die hier nicht im Streit stehende Durchsetzung jener Rechte hinaus - keine eigene Klagebefugnis verleihen(BVerwG, a. a. O., S. 23).

Danach sei die Klägerin als Landesbehörde nicht befugt, die hier streitgegenständliche Plangenehmigung des Bundes vor dem Verwaltungsgericht anzugreifen. Zwar habe die Klägerin - im Rahmen der ihr zur Erfüllung übertragenen Aufgaben der Straßenbaulast - Kompetenzen und auch Verpflichtungen, jedoch dem Bund gegenüber keine eigene Klagebefugnis (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07.12.1995 - 5 S 1525/95 - Rn. 24, juris, zur Klagebefugnis eines Gemeindeverwaltungsverbandes gegen einen Planfeststellungsänderungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes). Hieran vermöge auch der Verweis der Klägerin auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes im Bereich der Gefahrenabwehr nichts zu ändern.

Soweit das Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt Aufgaben und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast und die Befugnisse der Straßenaufsicht regele, betreffe dies Bundesfernstraßen - wie hier - lediglich, soweit dies ausdrücklich bestimmt sei (§ 1 Satz 2 StrG LSA) und im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu den Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) nur, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht habe (Art. 72 Abs. 1 GG). Das Bundesfernstraßengesetz (FStrG) enthalte in §§ 3, 4, 20 Regelungen über die Straßenbaulast, die Pflichten der Träger der Straßenbaulast und der Straßenaufsicht. Im Übrigen nehme das Land die Erfüllung der Aufgaben der Straßenbaulast für eine Bundesfernstraße wie auch die Aufgaben der Straßenaufsicht im Auftrag des Bundes wahr (vgl. Art. 90 Abs. 2 GG, § 20 Abs. 1 FStrG). Gesetzesvollzug im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes stelle keinen Gesetzesvollzug in einer eigenen Angelegenheit der Länder i. S. d. Art. 30 GG dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.2010 - 9 B 104.09 -, juris). Zudem unterstünden die Landesbehörden im Bereich der Bundesauftragsverwaltung der Bundesaufsicht, die sich auf die Gesetz- und Zweckmäßigkeit der Ausführung erstrecke (vgl. Art. 85 Abs. 3, Abs. 4 GG). Einen Anhaltspunkt für die Verfolgung einer eigenen materiell-rechtlichen Rechtsposition des Landes lasse auch dieses Normengefüge nicht erkennen.