VGH München: Auch trickreicher Grundstückseigentümer muss Straßenausbaubeitrag zahlen

28.12.2012

Der Grundstückseigentümer war mit Bescheid vom 9.11.2011 für eine Straßenerneuerung zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 14.349,09 € herangezogen worden, nachdem im Oktober 2009 ein Vorausleistungsbescheid ergangen war. Bereits am 30.10.2009 war allerdings das an die Straße angrenzende Grundstück geteilt und die Teilung im Grundbuch eingetragen worden. So entstanden aus dem ursprünglichen Grundstück ein direkt an der Straße liegendes Anliegergrundstück und ein so genanntes Hinterliegergrundstück. Nach Überzeugung des Gerichts war es Ziel dieser Teilung, einen Teil der Fläche – nämlich dass nunmehr gebildete Hinterliegergrundstücke – der Beitragserhebung zu entziehen. Aufgrund der von den Beteiligten im Wesentlichen übereinstimmend geschilderten Gesamtumstände der Grundstücksteilung handele es sich um eine missbräuchliche, allein der Vermeidung einer Beitragspflicht für das Hinterliegergrundstück dienende Gestaltung. Nachvollziehbare sachliche Gründe für die Teilung seien weder ersichtlich noch vorgetragen worden.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2b KAG i. V. mit § 42 Abs. 1 AO könne durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Gesetz nicht umgangen werden. Liege ein Missbrauch vor, so entstehe der Beitragsanspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Ein Missbrauch liege gemäß § 42 Abs. 2 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt werde, die beim Beitragspflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Beitragsvorteil führe; dies gelte nicht, wenn der Beitragspflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweise, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich seien. Ein solcher Missbrauch liege insbesondere vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt werde, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen sei, der Abgabenminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außersteuerliche bzw. außerbeitragsrechtliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei, d.h. wenn einzig die Vermeidung (oder Verminderung) einer Beitragspflicht verfolgt werde.

Es sei demnach zu prüfen, ob – abgesehen von der Beitragsvermeidung oder -verminderung – ein wirtschaftlich sinnvoller oder ein sonst wie einleuchtender Grund für die Grundstücksteilung spreche (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.09.2009 – 6 CS 09.551 – juris Rn. 10; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 102, 103; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 401h). Ein gewichtiges Indiz für die Unangemessenheit der rechtlichen Gestaltung könne in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Ankündigung der Gemeinde, Beiträge zu erheben, und einem Grundstücksteilungsantrag gesehen werden. Der Abgabenpflichtige müsse bei der Aufklärung, ob der Gestaltung vernünftige wirtschaftliche Gründe zugrunde liegen, mitwirken. Versage er sich oder könne er keine vernünftigen Gründe nennen, so sei im Rahmen der Beweiswürdigung grundsätzlich ein Missbrauch im Sinn des § 42 AO anzunehmen (VGH Mannheim, Urt. v. 28.02.2008 – 2 S 1946.06 – juris Rn. 21; Driehaus a.a.O).

Dies sei hier der Fall. Die Teilung des ursprünglich mit seiner gesamten Fläche an die ausgebaute Straße angrenzenden Grundstücks in das mit einem Wohnhaus bebaute Anliegergrundstück und das als Garten genutzte nunmehrige Hinterliegergrundstück sei nach den erkennbaren Gesamtumständen allein zur Vermeidung einer Beitragspflicht für das Hinterliegergrundstück erfolgt. Dieses weise zwar mit 1.989 m² Grundstücksfläche eine stattliche Größe auf und grenze im Süden an die Schillerstraße an. Allerdings spreche der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Erlass des Vorauszahlungsbescheids vom 28. Oktober 2009 und der Eintragung der Grundstücksteilung im Grundbuch am 30. Oktober 2009 für die Unangemessenheit der Rechtsgestaltung. Der Bevollmächtigte des Antragstellers habe außerdem selbst angegeben, diesen nach Erhalt des Vorauszahlungsbescheides im Rahmen der Beratung darauf hingewiesen zu haben, "dass man vorliegend mit einer Grundstücksteilung reagieren könne". Auch in der Beschwerde führte er aus, dass es einem Bürger gestattet sein müsse, "in dem Augenblick gestaltend einzugreifen, in dem er von der jeweiligen Situation unterrichtet wird und von seinen Gestaltungsmöglichkeiten erfährt". Ungewöhnlich sei die vorgenommene Grundstücksteilung auch deshalb, weil die Grenze zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstück nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin nunmehr quer über die Terrasse des Antragstellers verlaufe. Die Gesamtfläche beider Grundstücke werde nach wie vor einheitlich als Wohnhaus mit Garten genutzt, so dass die Grundstücksteilung – mit Ausnahme der Beitragsersparnis – überflüssig erscheine. Dem gewählten Grundstückszuschnitt liege somit erkennbar die Absicht zugrunde, die Fläche des an die abgerechnete Straße angrenzenden Anliegergrundstücks möglichst gering zu halten und die Beitragspflicht für das Hinterliegergrundstück insgesamt zu vermeiden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers stelle die Größe des unbebauten Hinterliegergrundstücks und seine Lage an der Schillerstraße ebenso wenig einen Grund im oben genannten Sinn dar wie die Meinung, dass es keinen Vorteil von der ausgebauten Straße habe.