Statiker haftet für Lösungsvorschlag des Prüfstatikers.

06.07.2012

 

Zu: BGH, Urteil vom 09.02.2012 - VII ZR 31/11

Im Jahr 1990 schließt der Auftraggeber mit einem Statiker einen Vertrag über die Erstellung der Tragwerksplanung für eine Sport- und Feuerwehrgerätehalle mit Hausmeisterwohnung sowie einer Doppelgarage. Der Ingenieur versäumt es, die Kippsicherheit der Sporthalle auf Grundlage des ursprünglichen geologischen Gutachtens oder nach der Reduzierung des Erddruckbeiwerts zu berechnen. Der Prüfstatiker beanstandet dies und schlägt - nach Auffassung des Statikers völlig überzogen - die Ausführung von Erdankern vor, was der Auftraggeber so auch umsetzt. Vor Gericht macht der Auftraggeber Schadensersatz in Höhe der Kosten der Erdanker geltend, während der Ingenieur die anrechenbaren Kosten seines im Wege der Widerklage geltend gemachten Honoraranspruchs um diese Kosten erhöht.

 

Der Statiker wird für die unterlassene Berechnung der Kippsicherheit doppelt bestraft: Zum einen hafte er, so der BGH, auf Schadensersatz in Höhe der Kosten der Erdanker. Der Statiker habe seine Vertragspflichten nicht vollständig erfüllt. Diese Pflichtwidrigkeit entfalle nicht, weil der Prüfingenieur ihm, wie er meine, überzogene Vorgaben gemacht habe. Denn das Unterlassen einer vollständigen Berechnung seitens des Statikers sei die Ursache dafür, dass der Prüfingenieur überhaupt eine eigene Lösung für die Kippsicherheit in Gestalt der Erdanker entwickelt habe, und nicht dessen Folge. Dieser Lösungsansatz habe den Statiker nicht von der Pflicht enthoben, seine eigene Leistung innerhalb der Parameter der bisherigen Planung fertig zu stellen. Die Schlechtleistung sei ursächlich für die Umsetzung des kostspieligeren Tragwerkkonzepts des Prüfingenieurs. Zum anderen dürfe der Statiker diese Kosten auch nicht als anrechenbar für sein Honorar behandeln. Zwar biete das öffentliche Preisrecht der HOAI keine Grundlage, den Honoraranspruch des Statikers ganz oder teilweise entfallen zu lassen. Zum Schaden des Auftraggebers würde auch das Honorar gehören, soweit es durch die Erhöhung der anrechenbaren Kosten gestiegen sei. Der Statiker würde also etwas fordern, was er im Wege des Schadensersatzes umgehend an den Auftraggeber erstatten müsste. Eine solche Forderung verstieße gegen Treu und Glauben (dolo petit-Einwand).

 

Lösungsvorschläge des Prüfstatikers werden oftmals unreflektiert umgesetzt, als wären sie unabänderlich. Dabei bleibt allein der Statiker für die Vollständigkeit und Mangelfreiheit seiner Berechnungen und Vorgaben verantwortlich. Diese Erkenntnis musste er hier teuer bezahlen.